Problem: Kein klares Gehwegparkverbot in der StVO
Leider steht nirgendwo in der StVO explizit ein Satz wie „Das Halten und Parken auf Gehwegen mit Kfz ist nicht gestattet.“ Das Fehlen eines konkreten Verbots dient Falschparkern oft und gerne als Ausrede. Die StVO setzt dem legalisierten Parken auf Gehwegen aber eine Grenze: Nur auf einer Straßenseite darf auf dem Gehweg geparkt werden und in Einbahnstraßen kann entweder nur der rechte oder linke Bürgersteig für das Gehwegparken benutzt werden (siehe § 12 Abs. 4 a StVO). Die Erlaubnis zum Gehwegparken kann entweder durch Zeichen 315 StVO oder durch eine einfache Parkflächenmarkierung angezeigt werden (siehe VwV-StVO, dort die Untertitel "Zu Zeichen 315 Parken auf Gehwegen" und "Zu Anlage 2 lfd. Nummer 74 Parkflächenmarkierungen").
Lösung FUSS e.V. fordert eine klare Positiv-Definition: "Gehwege dienen dem Fußverkehr" und zum Parken eine Regelung mit dem Inhalt: Gehwege dürfen nicht von Kraftfahrzeugen als Parkplätze benutzt werden. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn ein freier Geh-Bereich von mindestens 2,50 m Breite durchgehend erhalten bleibt und der beparkte Teil des Gehwegs baulich auf das Gewicht von Kraftfahrzeugen ausgelegt ist. Mehr in unserem Papier "Verkehrsrecht auf die Füße stellen", Download über diese Seite.
Probleme: Bußgeld, Kontrolldichte, Kontrollwille
Menschen agieren leider oft nicht aus Einsicht, sondern nur mit zusätzlichem, spürbaren Druck. Die Bußgeldsätze müssen abschreckend hoch sein, ebenso die Kontrolldichte. Auch ist der Kontrollwille vieler Städte skandalös gering. Dazu hier (Stand Mitte 2020) ein Erlass aus Baden-Württemberg, der dies ändern will sowie skandlöse Statements von Stadtspitzen und Briefe von Ordnungsämtern aus Braunschweig, Leipzig und Magedeburg. Manche Kommunalverwaltungen sehen sich offenkundig mehr als Kumpane von Falschparkern denn als deren Bekämpfer.
Problem: Schäden an den Gehwegen durch Kfz, Gefahren durch Zuparken
Fahrende und parkende Kfz auf Gehwegen verursachen dort Schäden am Unter- und Oberbau. Reparaturen der Gehwege unterbleiben oft aufgrund der Finanzlage der Kommunen oder werden aus dem Haushaltsetat für Fußgänger (und nicht aus dem des Kfz-Verkehrs) beglichen.
Bislang kann für einen Schaden nur dann Ersatz verlangt werden, wenn der Verursacher eine vorher unbeschädigte Sache beschädigt und dies nachgewiesen werden kann. Wird eine bereits beschädigte Sache von anderen Kraftfahrern immer und immer wieder (mehr oder weniger) weiter beschädigt, kann kein Schadenersatz verlangt werden.
Zugeparkte Gas- und Wasseranschlüsse können zu großen Gefahren führen: So können z. B. Undichtigkeiten eines Gasanschlusses wegen vorschriftswidrig angeordnetem Gehwegparken zu spät erkannt werden. Dies kann katastrophale Folgen haben, da das Gas durch Mauerfugen auch in Keller ohne Gasanschluss gelangen kann. Ein Umsetzen des geparkten Fahrzeuges kann fatale Verzögerungen mit sich bringen.
Lösungsmöglichkeit: Die Ordnungsämter sollten ermächtigt werden, zusätzlich zu dem straßenverkehrsrechtlichen Bußgeld eine ggf. vom Fahrzeuggewicht abhängige Pauschale für die Reparatur der Gehwege vom Falschparker erheben zu können. Wer sensible Anschlüsse zuparkt, gehört sofort abgeschleppt.
Problem: Ausnahmegenehmigungen für das Parken auf Gehwegen
In vielen Gemeinden stellt die Verwaltung Handwerkern, Versorgungsdiensten und Zustellern für ihre Kraftfahrzeuge Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 Absatz 1 StVO zum Parken auf Gehwegen aus. Genaue Kriterien zur Erteilung der Sondergenehmigungen sind „zentral“, über die Bundes- oder Länderebene nirgendwo exakt geregelt, die Kommunen regeln das selbständig.
Lösungsmöglichkeiten: Die Gemeinden sollten z.B. bedarfsgerecht Stellplätze für diesen zunehmenden Kraftfahrerkreis zu Lasten öffentlicher Individualparkplätze auf der Fahrbahn ausweisen. Kommunen müssen sich einen Überblick über das Problem verschaffen: Wie viele Kfz-Halter haben für welche Zeiträume unter Anlegen welcher Maßstäbe Ausnahmegenehmigungen erteilt bekommen? Ist die Erteilung der Ausnahmegenehmigungen im derzeitigen Umfang zwingend notwendig oder handelt es sich um Gefälligkeiten?
Sind Sie im Gemeinderat aktiv? Dann problematisieren Sie doch dort das Falschparken mit Ausnahmegenehmigung im Rahmen einer Anfrage/ eines Antrags!
Problem: Legalisiertes Parken auf Gehwegen nach Zeichen 315 StVO und legalisiertes Parken ohne Anordnung von Zeichen 315 StVO
Angesichts des „Parkdrucks“ legalisieren viele Kommunen das Abstellen von Kfz auf Gehwegen und berücksichtigen dabei nur ungenügend oder überhaupt nicht die Bedürfnisse der Fußgänger/innen. Ist das Tabu Bordsteinkante durch die Verwaltung selbst gebrochen, senkt das die „Parkmoral“ im Allgemeinen. Außerdem werden die Markierungen auf dem Gehweg bzw. die Anordnung auf dem Zeichen 315 oft ignoriert.
Auch das Querparken zur Fahrtrichtung auf dem Gehweg stellt eine Gefahr dar: Insbesondere bei dieser Anordnung ragen viele Kfz wegen ihrer unterschiedlichen Länge zu weit in den verbleibenden Restgehraum hinein. Ein Queren der Fahrbahn ist wegen der Enge zwischen den Fahrzeugen und der schlechten Einsehbarkeit auf die Fahrbahn besonders beschwerlich und riskant.
Lösungsmöglichkeiten: Im Prinzip sollte das Parken nach Zeichen 315 StVO durch das Bundesverkehrsministerium abgeschafft werden. Da diese Forderung zur Zeit leider unrealistisch ist, sollten ersatzweise in den Verwaltungsvorschriften zur StVO eindeutige Einsatzkriterien eingeführt werden:
- Die „Restgehwegbreite“ darf nicht unter die Mindestwerte in den Straßenbau-Richtlinien sinken (z.Z. 2,50 Meter).
- Fahrbahnquerungsmöglichkeiten für Fußgänger müssen durch Markierungen für die Stellplätze freigehalten werden. Natürlich unter der Berücksichtigung guter Sichtbeziehungen zwischen fahrenden Kfz und querungswilligen Fußgängern .
- Kein Querparken auf dem Gehweg.
- In den Gemeinden sollten die Mitarbeiter der Ordnungsämter und der Polizei für die o.g. Risiken sensibilisiert und zur Ahndung von Verstößen gegen Anordnungen des Zeichens 315 angehalten werden.
Die pragmatischste Lösungsmöglichkeit liegt wohl in der Anwendung der aktuellen Vorschriften für die ausführenden Behörden: In den Verwaltungsvorschriften (VwV) der StVO steht seit der Fassung vom 17. Juli 2009 zum Zeichen 315: „Das Parken auf Gehwegen darf nur zugelassen werden, wenn genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußgängern gegebenenfalls mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt, die Gehwege und die darunter liegenden Leitungen durch die parkenden Fahrzeuge nicht beschädigt werden können und der Zugang zu Leitungen nicht beeinträchtigt werden kann.“
Da in vielen Kommunen die Gehwegbreiten spätestens nach der Anordnung des Gehwegparkens unter dem geforderten Maß von 2,50 Meter liegen entsprechen siet nicht den aktuellen Vorschriften für die anordnenden Behörden. Da zusätzlich die bauliche Ausführung vieler Gehwege im Ober- und Unterbau nicht für das Gewicht von Kraftfahrzeugen ausgelegt ist, werden die Gehwege wie auch die darunter liegenden Leitungen beschädigt, wenn dort das Parken von Kfz genehmigt wird. Ein weiterer Grund das Gehwegparken dort nicht zu genehmigen bzw. diese Anordnung zurückzuziehen.