Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die gummierten ("Spuckis") sowie die lediglich statisch haftenden Varianten von Aufklebern, nicht jedoch auf selbstklebende Aufkleber.
Rechtsgrundlage Strafrecht: § 303 StGB Sachbeschädigung
(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.
Die blau-weißen „Parke nicht auf unseren Wegen“-Aufkleber sind der Renner im gemeinsamen Online-Shop von FUSS und UMKEHR. Immer wieder werden wir gefragt, ob das Bekleben falschparkender Fahrzeuge strafbar ist. Ist es nach bisheriger Rechtsprechung nicht, jedoch wurden in diesen Fällen Scheiben beklebt, nicht der Rückspiegel und nicht der Lack. Hier dazu eine Übersicht:
Der Paragraf 303 des Strafgesetzbuches (StGB) regelt den Begriff „Sachbeschädigung“. Neben dem eigentlichen Beschädigen bzw. Zerstören ist eine Sache auch in ihrer „bestimmungsgemäßen Brauchbarkeit“ geschützt, d.h. im vorliegenden Fall darf das Fahren mit dem Kfz nicht behindert bzw. unsicher gemacht werden.
Im Jahre 2005 wurde der Paragraf 303 durch einen zweiten Absatz ergänzt, nachdem eine Sache „nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert“ werden darf. Diese Ergänzung wurde verabschiedet, um gegen Graffiti-Sprayer vorgehen zu können. Obwohl Aufkleber nach Wortlaut und Sinn der Ergänzung von dieser nicht erfasst werden, gibt es wohl Gerichte, die dies dennoch so interpretieren. Die vorliegenden Urteile bewerten das jedoch nicht so.
Eine Beschädigung entfällt bei minimalen Eingriffen. Dafür sollten die Aufkleber rückstandsfrei entfernbar sein, ohne dass die Entfernung bzw. Reinigung zwangsläufig zu einer Beschädigung führen muss (Kammergericht Berlin, 1999). Die „Spuckis“, die wir z.B. anbieten, erfüllen diese Voraussetzung: Nach Anfeuchten sind sie in Gänze relativ leicht zu entfernen. Sicherheitshalber sollten die Aufkleber jedoch nur an einer Glasscheibe und nicht auf dem Lack angebracht werden. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat das Bekleben nur dann als Sachbeschädigung eingeordnet, wenn der Klebstoff auf der Rückseite des Aufklebers auf den Untergrund „nachhaltig einwirkt“ und z.B. die Lacksubstanz „nicht unerheblich beeinträchtigt“.
Der Bundesgerichtshof (die letzte Instanz in Zivil- und Strafverfahren) hat 1980 – in einem allerdings umstrittenen Urteil – geurteilt, dass selbst das Anbringen festklebender Aufkleber keine Sachbeschädigung sei, § 303 StGB sei nur dann anwendbar, „wenn die Substanz der Sache erheblich verletzt oder seine technische Brauchbarkeit erheblich beeinträchtigt worden ist“. (Zur Klarstellung: Die vorne genannten Urteile ergingen vor der Verschärfung des Sachbeschädigungsparagrafen).
Wieviel Arbeit darf es machen?
Wieviel Mühe ist dem Fahrzeughalter zumutbar, ohne dass der Aufkleber eine Sachbeschädigung darstellt? Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main urteilte, dass selbst dann keine Beschädigung vorliege, wenn die Wiederherstellung des früheren Zustandes „große Mühe“ und „erhebliche Kosten“ verursache.
Verkehrssicherheit bedenken
Um die Belange der Verkehrssicherheit zu berücksichtigen, sollten Aufkleber nie auf einen Rückspiegel geklebt und auf der Windschutzscheibe nur außerhalb des Gesichtsfelds angebracht werden, d.h. außerhalb des Bereichs, den die Scheibenwischer bestreichen.
Zivilrecht
Zivilrechtlich ist es so, dass eine „Besitzstörung“ begeht, wer einen Aufkleber an einem Fahrzeug befestigt. Derjenige kann dazu verpflichtet werden, für die Beseitigungskosten aufzukommen, jedoch nicht für einen untauglichen oder gar schädigenden Versuch. Jedoch wird wohl kaum ein Autofahrer mit einem Aufkleber bei einer Werkstatt vorfahren, um auf Rechnung einen wasserlöslichen, bzw. mit Waschbenzin einen selbstklebenden Aufkleber entfernen zu lassen. (Schließlich müsste der Aufkleber unter seinen Augen bzw. denen eines Zeugen auf seinem Pkw angebracht worden sein, um die Rechnung „weiterreichen“ zu können.)
Praktischer Einsatz
Wer keinen Aufkleber bei sich führt, kann bei Behinderung oder gar Gefährdung durch das abgestellte Fahrzeug versuchen, Polizei bzw. Ordnungsamt durch eine Anzeige zu bewegen, das Fahrzeug abschleppen zu lassen. Das ist - bei Erfolg - sicherlich eindrucksvoller, ganz legal und nicht nur legitim. Allerdings auch zeitaufwändiger und nicht immer erfolgsgekrönt. Wer nicht so viel Zeit aufbringen kann oder will, darf selbstverständlich „Spucki-Blöcke“ (1 Block = 50 Aufkleber für 70 Cent) oder lediglich statisch haftende Sticker (25 Stück für 2 Euro) in unserem Online-Shop in der Rubrik Aufkleber bestellen.
Literatur:
- Dietmar Kettler, Recht für Radfahrer, 2. überarbeitete Auflage, Berlin 2007 (Seite 196 ff.)
- www.dietmar-kettler.de
Dieser Artikel von Stefan Lieb ist in mobilogisch! , der Vierteljahres-Zeitschrift für Ökologie, Politik und Bewegung, Heft 3/2010, erschienen und wurde hier im Januar 2013 aktualisiert.
Einzelhefte von mobilogisch! können Sie in unserem Online-Shop in der Rubrik Zeitschrift bestellen. Die blau-weißen "Parke nicht auf unseren Wegen"-Aufkleber finden Sie dort in der Rubrik "Aufkleber".