Parken an und auf Querungsstellen
Parken an Kreuzungen und Einmündungen
Dieser Text ist ein Ausschnitt aus unserer Broschüre „Parken auf Gehwegen: Problematik, Rechtslage, Handlungsbedarf“. Sie können die gesamte Broschüre als PDF hier herunterladen. |
Gehwege an Straßen enden an jeder Einmündung oder knicken ab. Die Wege von Fußgängern enden hier jedoch nicht. Der Fußgänger muss die Fahrbahn queren und seinen Weg auf dem nächsten Gehweg fortsetzen.
Auch wenn unsere Broschüre das Parken auf Gehwegen zum Thema hat, ist das ungeschickte oder sogar unzulässige Parken an und auf solchen Querungsstellen in direktem Zusammenhang zu sehen. So protokolliert das Verkehrsministerium Baden-Württemberg, dass im Land täglich 4,8 Unfälle „im ruhenden Verkehr“, also im Zusammenhang mit parkenden Fahrzeugen geschehen und bei jedem zweiten Unfall Personen verletzt wurden.1 Solche Unfälle lassen sich in den meisten Fällen darauf zurückführen, dass Fahrzeugführer und Fußgänger einander schlecht sehen konnten. Dieses Kapitel stellt deshalb kurz die Probleme und rechtlichen Regelungen dar, wenn Fahrzeuge zwar auf der Fahrbahn, aber im Verlauf eines Fußgängerwegs parken.
Hierbei geht es zum einen um die Sichtbeziehungen von Fußgängern auf Fahrzeuge und aus Fahrzeugen auf Fußgänger sowie zum anderen um Erleichterungen für mobilitätseingeschränkte Personen beim Überqueren einer Fahrbahn.2
Parken an Kreuzungen und Einmündungen
Verläuft ein Gehweg entlang einer Straße, so müssen Fußgänger an jeder Einmündung oder Kreuzung eine Fahrbahn queren, um ihren Weg auf der anderen Seite fortzusetzen.
Abbiegende Fahrzeuge stellen eine besondere Gefahr für Fußgänger dar. § 9 Abs. 3 StVO legt deshalb fest, dass „auf zu Fuß Gehende besondere Rücksicht zu nehmen [ist]; wenn nötig, ist zu warten.“ Fußgänger sind also beim Abbiegen immer durchzulassen.
Fahrzeuge über 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht, also alles ab Lieferwagen aufwärts, dürfen beim Rechtsabbiegen nicht schneller als Schrittgeschwindigkeit fahren, wenn mit querendem Fußgängerverkehr zu rechnen ist.
Beim Abbiegen ist auf zu Fuß Gehende besonders Rücksicht zu nehmen.
StVO
Tabelle 1: Bußgelder beim Abbiegen
41 | Beim Abbiegen auf zu Fuß Gehende keine besondere Rücksicht genommen und diese dadurch gefährdet. | 109624 | € 140 + Fahrverbot |
45 | Beim Rechtsabbiegen nicht mit Schrittgeschwindigkeit gefahren | 109660 | € 70 |
… mit Gefährdung | 109661 | € 85 |
Damit ein Autofahrer entsprechend Rücksicht auf einen Fußgänger nehmen kann, muss er ihn vor allen Dingen sehen. Besonders an Einmündungen und Kreuzungen ist es deshalb wichtig, dass die nötigen Sichtachsen frei von parkenden Fahrzeugen sind.
Aus diesem Grund ist nach § 12 Abs. 3 StVO vor und hinter jeder Einmündungen ein Sichtfeld von fünf Metern freizuhalten. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Broschüre wurde von der Verkehrsministerkonferenz vorgeschlagen, dieses freizuhaltende Sichtfeld auf 10 oder 20 Meter zu erweitern.
Tabelle 2: Bußgelder für das Parken im Kreuzungsbereich
54 | Sie parkten weniger als 5 Meter vor/hinter der Kreuzung/Einmündung. | 112262 112272 | € 10 |
54.1 | … mit Behinderung | 112263 112273 | € 15 |
54.2 | … länger als 3 Stunden | 112264 112274 | € 20 |
54.2.1 | … mit Behinderung | 112265 112275 | € 30 |
Die im Bußgeldkatalog genannten Regelsätze sind sehr moderat, berücksichtigt man die von einem im Kreuzungsbereich geparkten Fahrzeug ausgehende Gefahr für Fußgänger, die schließlich sogar das Abschleppen des Fahrzeugs rechtfertigt.3 Die Verbesserungsvorschläge der Länderverkehrsminister betreffen daher auch eine Erhöhung dieser Bußgelder.
Fahrzeuge dürfen ab einer Entfernung von 5 Metern von der Kreuzung oder Einmündung parken. Die Ausrundung der Kurve zählt bereits zu diesen 5 Metern. Dies ist unabhängig von der Größe des Fahrzeugs. Hohe Fahrzeuge müssen nach StVO zwar so geparkt werden, dass sie keine wichtigen Verkehrszeichen verdecken. Einen an die Kreuzung herantretenden Fußgänger jedoch dürfen sie verdecken. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass schon moderne PKW meist deutlich höher sind als ein vorbei laufender Grundschüler.
Der kritische Sichtbereich an einer Einmündung kann von der Straßenverkehrsbehörde gesichert werden, indem Einbauten vorgenommen, Sperrflächen (Verkehrszeichen 298) markiert oder Grenzmarkierungen (Verkehrszeichen 299) ergänzt werden. Grenzmarkierungen erweitern ein vorhandenes Parkverbot, beispielsweise im Kreuzungsbereich.
Gerade bei Sperrflächen/Grenzmarkierungen an Einmündungen, die zur Verbesserung der Sichtbeziehungen angelegt wurden, sollten Aufsichtsbehörden Parkverstöße konsequent ahnden.
Tabelle 3: Bußgeld für das Parken auf einer Sperrfläche
156 | Sie benutzten die Sperrfläche (Zeichen 298) zum Parken. | 141245 | € 25 |
In verkehrsberuhigten Bereichen (Verkehrszeichen 325.1) sind alle Wege Fußgängerwege. Deshalb dürfen Fahrzeuge in solchen Bereichen ausschließlich dort parken, wo Flächen explizit dafür markiert sind.
Tabelle 4: Bußgelder für das Parken in verkehrsberuhigten Bereichen
159 | Sie parkten in einem verkehrsberuhigten Bereich außerhalb der zum Parken gekennzeichneten Flächen. | 142103 | € 10 |
159.1.1 | … mit Behinderung | 142104 | € 15 |
159.2 | … länger als 3 Stunden | 142106 | € 20 |
159.2.1 | … mit Behinderung | 142107 | € 30 |
Parken an Fußgängerüberwegen
Die gleiche Problematik der Sichtbeziehungen gibt es an Zebrastreifen. Fußgängerüberwege dienen dazu, Fußgänger gefahrlos und schnell von einem Gehweg zum gegenüberliegenden Gehweg zu führen.
Wie beim Abbiegen hat der Fußgänger absoluten Vorrang. Fahrzeuge müssen schon bremsen und anhalten, wenn sich ein Fußgänger dem Zebrastreifen nur nähert.
Auch an Fußgängerüberwegen ist es deshalb wichtig, dass Auto- und Radfahrer einen Fußgänger frühzeitig sehen. Entsprechende Sichtachsen müssen deshalb freigehalten werden.
Tabelle 5: Bußgelder an Fußgängerüberwegen
113 | Sie fuhren nicht mit mäßiger Geschwindigkeit an den Fußgängerüberweg heran, obwohl ein Bevorrechtigter diesen erkennbar benutzen wollte. | 126600 | € 80 |
… mit Gefährdung | 126601 | € 100 | |
Sie ermöglichten einem Bevorrechtigten nicht das Überqueren der Fahrbahn, obwohl dieser den Fußgängerüberweg erkennbar benutzen wollte. | 126606 | € 80 | |
… mit Gefährdung | 126607 | € 100 |
Das zugehörige Parkverbot an (und auf) Zebrastreifen ist in der Straßenverkehrsordnung versteckt in Anlage 2, Abschnitt 9 „Markierungen“ untergebracht: „Wer ein Fahrzeug führt, darf auf Fußgängerüberwegen sowie bis zu 5 m davor nicht halten.“4
Tabelle 6: Bußgelder für das Parken an Fußgängerüberwegen
52 | Sie parkten in einem Abstand von weniger als 5 Metern vor einem Fußgängerüberweg. | 141302 | € 25 |
52.1 | … mit Behinderung | 141303 | € 40 |
52.2 | … länger als 1 Stunde | 141304 | € 40 |
52.2.1 | … mit Behinderung | 141305 | € 50 |
Wie schon beim Parken an Einmündungen sind die Bußgelder sehr gering. Auch ist fraglich, ob der verlangte Abstand von fünf Metern für die nötige Sicht auf einen Fußgänger ausreichend ist. Ein fünf Meter vor einem Zebrastreifen geparkter Lieferwagen verdeckt eine wartende Schülergruppe so, dass ein ankommender Autofahrer erst zehn Meter vor dem Überweg sehen kann, dass Personen den Überweg nutzen wollen. Trotzdem parkt das Fahrzeug regelkonform.
Wie sich deshalb lediglich fünf Meter für das Parkverbot ergeben, ist wenig einsichtig. Die Richtlinien für die Anlage von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ) verlangen nämlich eine „Sichtweite von und auf Warteflächen“ von 50 bzw. 30 Metern, je nach zulässiger KFZ-Geschwindigkeit.5
Vor einem Fußgängerüberweg ist eine Sichtweite auf Warteflächen von 30 m / 50 m nachzuweisen.
R-FGÜ
Bei beampelten Fußgängerüberwegen gibt es ein Verdeckungsverbot, jedoch kein Parkverbot. Allerdings sind vor vielen Ampeln durchgezogene Linien (Verkehrzeichen 295) als Fahrstreifenbegrenzung angebracht. Dann gilt, dass nicht geparkt werden darf, falls „kein Fahrstreifen von mindestens 3 m mehr verbleibt“6.
Parken an Absenkungen
Um Personen die Querung von Fahrbahnen zu erleichtern, für die eine normale Bordsteinkante ein großes Hindernis darstellt, werden im Rahmen der Barrierefreiheit Bordsteine abgesenkt. Dazu sind die Behörden aufgrund der Behindertengleichstellungsgesetze (BGG) von Bund und Ländern verpflichtet.
Bordsteinabsenkungen findet man an Einmündungen, Kreuzungen, Zebrastreifen und anderen Querungshilfen. Es gibt sie aber auch dort, wo eigenständige Wege auf eine Straße stoßen, z.B. aus einem Park, Spielplatz oder Friedhof. Sie sollen es Personen mit Rollstuhl oder Kinderwagen ermöglichen, an dieser Stelle auf direktem Weg ihr Ziel zu erreichen, auch von der anderen Straßenseite aus.
Aus diesem Grund verbietet die Straßenverkehrsordnung das Parken vor Bordsteinabsenkungen.7
Das Parken vor Bordsteinabsenkungen ist verboten.
StVO
Tabelle 7: Bußgelder für das Parken an Bordsteinabsenkungen
54 | Sie parkten vor einer Bordsteinabsenkung. | 112372 | € 10 |
54.1 | … mit Behinderung | 112373 | € 15 |
54.2 | … länger als 3 Stunden | 112374 | € 20 |
54.2.1 | … mit Behinderung | 112375 | € 30 |
Wie beim Parken an Einmündungen und Kreuzungen sind die genannten Bußgelder wieder sehr moderat. Wer jedoch eine Bordsteinabsenkung so zuparkt, dass Rollstuhlfahrer sie nicht mehr nutzen können, riskiert auch ohne konkrete Behinderung das Abschleppen seines Fahrzeugs.8
Kritisch ist auch das Zuparken von taktilen Bodenleitsystemen für sehbehinderte Personen (Blindenleitlinien). Hier wird nicht nur behindert, sondern gefährdet.
Wer Blindenleitlinien zuparkt, gefährdet jeden, der auf solchen Hilfen angewiesen ist.
Das Parkverbot gilt unabhängig vom Zweck der Bordsteinabsenkung, also auch vor Grundstückszufahrten. Insbesondere, wenn die Absenkung auch dazu dient, mobilitätseingeschränkten Personen das Queren der Fahrbahn zu ermöglichen, darf selbst der Grundstückseigentümer nicht vor seiner eigenen Ausfahrt auf der Fahrbahn parken.
Uneinigkeit besteht darüber, ob ein über mehr als 10 m Länge durchgehend abgesenkter Bordstein noch als Bordsteinabsenkung im Sinne von § 12 Abs. 3 StVO zu verstehen ist.9
Um das Parken vor Bordsteinabsenkungen effektiv zu verhindern und gleichzeitig die Sicht auf und für querende Fußgänger zu verbessern, eignen sich besonders „Gehwegvorstreckungen“. Hier wird der Bordstein im Bereich der Querung als „Nase“ bis an die Fahrgasse herangebaut. Bei Fahrbahnen, an deren rechtem Rand geparkt werden kann, wird der Gehweg also um eine komplette Fahrzeugbreite in Richtung Fahrgasse herausgezogen.
In Wohnstraßen findet man zur Verkehrsberuhigung häufig auch so genannte Teilaufpflasterungen, bei denen für einige Meter die Fahrbahn auf das Niveau der Gehwege erhöht wird. Auch wenn diese Aufpflasterungen ebenfalls die Fahrbahnquerung für mobilitätseingeschränkte Personen erleichtern, greift hier das Parkverbot aus § 12 Abs. 3 Nr. 5 leider nicht.
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1Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg: „Ruhender Verkehr“, https://vm.baden-wuerttemberg.de/de/service/publikation/did/ruhender-verkehr-hinweispapier-fuer-die-strassenverkehrsbehoerden-bussgeldbehoerden-und-kommunen-in-bad/
2Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG), § 8 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr, Abs. 5
3VG Köln, 21.01.2016 – 20 K 6275/14
4StVO, Anlage 2, Abschnitt 9, lfd. Nr. 66
5FGSV: Richtlinie für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ 2001), Tabelle 1
6StVO, Anlage 2, Abschnitt 9, lfd. Nr. 68
7§ 12 Abs. 3 Nr. 5 StVO
8VG Schwerin, 15.05.1998 – 1 A 1393/96
9z.B. VG Regensburg, 16.05.2017 - RN 5 K 16.790; KG Berlin, 22.06.2015 - 3 Ws (B) 291/15 - 122 Ss 88/15; OLG Köln, 05.11.1996 - Ss 515/96
Parken rechtskonform und fußgängerverträglich organisieren
Analysieren und Prioritäten festlegen
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Das Parkverbot auf Gehwegen ist seit 1937 Bestandteil der Straßenverkehrsordnung. Verstöße wurden jedoch immer als geringfügige Ordnungswidrigkeit betrachtet und selten geahndet. Dies führte dazu, dass sich vielerorts das Gehwegparken eingebürgert hat.
Das Umweltbundesamt stellt fest: „Oft scheint es so, als hätten die Behörden die Verfolgung mehr oder weniger aufgegeben, so dass in ganzen Stadtteilen die letzten an sich frei nutzbaren Flächen von falsch parkenden Autos zugestellt sind und es auf den engen verbliebenen Gehwegflächen nicht mehr möglich ist, nebeneinander zu laufen, problemlos aneinander vorbei zu kommen oder Kinder auf den Gehwegen gefahrlos Rad fahren zu lassen.“1
Seit der StVO-Novelle 2020, die sich besonders dem Schutz schwächerer Verkehrsteilnehmer verschrieben hat, hat sich die rechtliche Situation massiv verändert. Das Parken auf Gehwegen ist nun ein schwerer Verkehrsverstoß, der schon ab einer Dauer von einer Stunde mit einem Eintrag ins Fahreignungsregister und einem Bußgeld von mindestens € 70 (beim Regelfall Vorsatz: € 140) bestraft wird.
Verwaltung und Politik sind nun gefordert, der geänderten Rechtslage Rechnung zu tragen und das illegale Gehwegparken zu vermindern. In diesem Kapitel werden einige unverbindliche Empfehlungen vorgestellt, wie das Parken so organisiert werden kann, dass Fußgängern der ihnen zugewiesene Verkehrsraum wieder ungehindert zur Verfügung steht.
Verwaltung und Politik sind gefordert, der geänderten Rechtslage Rechnung zu tragen und das illegale Gehwegparken zu vermindern.
Sensibilisieren
Diese Broschüre hat den Zweck, Politik, Verwaltung und Bürger mit der Problematik des Gehwegparkens und den veränderten rechtlichen Konsequenzen vertraut zu machen. Diese Sensibilisierung ist auch eine Hauptaufgabe von Politik und Verwaltung beim Ziel, Parken rechtskonform zu machen und fußgängerfreundlich zu organisieren.
Entscheidungsgremien in der Politik und Entscheidungsträger in der Verwaltung müssen wieder lernen, dass Parken auf Gehwegen kein Kavaliersdelikt ist, sondern die Durchgängigkeit und Sicherheit des Fußverkehrs massiv beeinträchtigt. Fußgängerverkehr als Teil des Straßenverkehrs wird durch das aufgesetzte Gehwegparken regelmäßig erheblich behindert.1a
Die Steuerung des Parkverhaltens in den Kommunen ist Teil der kommunalen Selbstverwaltung. Aber auch die Aufsichtsbehörden (Bezirksregierungen, Regierungspräsidien) sind in eigener Zuständigkeit verpflichtet, das rechtskonforme Verhalten der Kommunen zu überprüfen, insbesondere nach Beanstandungen.2
Für die Rückgabe der Gehwege an den Fußverkehr ist es hilfreich, wenn die Stadtpolitik den Kampf gegen Gehwegparker selbst auf die Agenda setzt. Heidelberg hat beispielsweise 2019 ein 30-Punkte-Aktionsprogramm für Klimaschutz beschlossen, welches als Punkt 20 im Handlungsfeld Mobilität festlegt: „Gehwegparken wird stadtweit verhindert, damit die Menschen sicher auf dem Gehweg unterwegs sein können. Falschhandeln wird konsequent geahndet.“3 Derart umrissene Ziele vereinfachen dann die Einführung entsprechender Maßnahmen.4
Bei allen Maßnahmen ist es sinnvoll, die Öffentlichkeit einzubinden, über die Rechtslage aufzuklären und alle Beteiligten für den Schutz schwächerer Verkehrsteilnehmer zu sensibilisieren. Dies kann über die lokale Presse genauso passieren wie über Bürgerbeteiligungen und „Runde Tische“.
Manche Kommunen haben gute Erfahrungen damit gemacht, Autofahrer zunächst mit Flugblättern zu sensibilisieren und zu ermahnen, bevor in Straßenzügen, in denen sich das illegale Gehwegparken eingebürgert hat, mit Bußgeldverfahren durchgegriffen wird.5
Eine ähnliche Erziehungsmaßnahme ist die Null-Euro-Knolle, wie sie beispielsweise die Stadt Niederkassel verteilt, wenn sich Autofahrer nicht genau an die Straßenverkehrsordnung halten und zum Beispiel über eine markierte Parkfläche hinausragen. So macht die Verkehrsüberwachung deutlich, dass auch kleine Vergehen bemerkt werden.6
Neu sensibilisiert werden müssen auch die für die Verkehrsaufsicht zuständigen Mitarbeiter auf der Straße, sei es in Ordnungsbehörden oder bei der Polizei. Hierzu eignen sich Dienst- und Geschäftsanweisungen wie solche der Stadt Köln: „Parken auf Gehwegen – und auf Platzflächen – ist, unabhängig davon, ob es behindert oder nicht, ein mit massiven Mitteln zu unterbindendes Übel. Seine Überwachung ist daher mit hoher Priorität zu betreiben.“7
Parken auf Gehwegen ist, unabhängig davon, ob es behindert oder nicht, ein mit massiven Mitteln zu unterbindendes Übel.
Stadt Köln
Ein abgelaufener Parkschein ist lediglich ein geringfügiger Verkehrsverstoß, Parken auf dem Gehweg ist jedoch seit der StVO-Novelle ein schwerer Verkehrsverstoß, der in den meisten Fällen zu einem Eintrag im Fahreignungsregister führt.
Hier wird nicht einfach „falsch geparkt“, sondern massiv in den von der Straßenverkehrsordnung vorgesehenen Schutzraum für Kinder, Senioren und alle anderen Fußgänger eingedrungen. Durch das grundsätzliche Verbot des Gehwegparkens soll eine ungehinderte und jederzeitige Nutzung des Gehweges sichergestellt werden. Zugleich dient das grundsätzliche Verbot des Gehwegparkens auch dem Schutz der Gehwegnutzer vor Beeinträchtigungen ihrer körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG).7a
Wo es um die Verkehrssicherheit geht, ist auch die Polizei gefordert, selbst wenn es um „ruhenden Verkehr“ geht. Werden Rollstuhlfahrer oder Kinder gefährdet, weil z.B. ein parkendes Fahrzeug den Gehweg entlang einer stark befahrenen Straße blockiert, muss die Polizei eingreifen. Es könnte im Extremfall sogar ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr7b sein, zu dem auch der Fußverkehr gehört, und wäre damit ein Offizialdelikt.
Und selbst in allen anderen hier geschilderten Fällen ist es eine der wesentlichen Aufgaben der Polizei, „die zuständigen Behörden, insbesondere die Ordnungsbehörden, unverzüglich von allen Vorgängen zu unterrichten, die deren Eingreifen erfordern.“ (§ 1 Polizeigesetz NRW)8 Dort steht auch, dass „die Polizei in eigener Zuständigkeit tätig zu werden [hat], soweit ein Handeln der anderen Behörden nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint.“
Wo es um die Verkehrssicherheit geht, ist auch die Polizei gefordert, selbst wenn es um „ruhenden Verkehr“ geht.
Mitarbeiter von Polizei, Ordnungs- und Straßenverkehrsbehörden sollten geschult werden, Situationen aus Sicht von Fußgängern und Rollstuhlfahrern zu betrachten und zu beurteilen. Dazu gehört es auch, einmal in die Hocke zu gehen und eine Verkehrssituation aus der Blickhöhe eines Grundschülers zu erfahren.
Analysieren und Prioritäten festlegen
Um Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit vorbereiten zu können, wird es wahrscheinlich überall erforderlich sein, zunächst einmal den Sachstand zu erfassen.
Vielleicht gibt es in einer Gemeinde gar keine Gehwegparker. Oder es gibt nur einzelne, die aber im Rahmen der normalen Verkehrsaufsicht festgestellt, verwarnt oder bestraft werden können.
In den meisten Städten und größeren Gemeinden aber gibt es Straßenzüge oder ganze Stadtteile, in denen sich das illegale Parken auf Gehwegen eingebürgert hat. Welche das sind, dürfte in Verwaltung und Politik bekannt sein, nicht aber wie groß das Problem jeweils ist.
Als Vorbereitung für Entscheidungen zum Gehwegparken sollte deshalb zunächst eine Erfassung des Sachstands erfolgen.9 Eine solche Begehung oder Befahrung ist mit Personal- und Zeitaufwand verbunden. Dass hierfür Mittel fehlen, kann nicht als Argument dienen. Im Zweifelsfall ließen sich die nötigen Mittel sehr einfach generieren, indem im Zuge der Erfassung für alle Falschparker Bußgelder (€ 140 für vorsätzlich länger als eine Stunde) angeordnet würden.
Weitere Quellen für eine Sachstandserfassung sind Statistiken über bereits früher eingeleitete Bußgeldverfahren sowie Beschwerden/Anzeigen durch Anwohner oder Ordnungsbehörden.
Sobald der Umfang der Problematik dokumentiert ist, können Politik und Verwaltung entscheiden, in welchen Straßen Handlungsbedarf vorliegt. Priorität sollten Gehwege mit sehr vielen Falschparkern, mit sehr viel Fußverkehr oder mit besonders schützenswerten Nutzern, beispielsweise an Schulen, Spielplätzen, Altenheimen, sozialen Einrichtungen haben.
Parkdruck
Ein gern als Begründung für das Falschparken herangezogener Begriff ist der „Parkdruck“. Darunter wird verstanden, dass Autofahrer in einem Bereich mehr Fahrzeuge parken wollen, als es legale Parkplätze gibt.
Da das Parken auf Gehwegen schlicht verboten ist, kann Parkdruck natürlich nicht als Grund herhalten, vorsätzlich eine schwere Ordnungswidrigkeit zu begehen. Aber auch objektiv ist der Druck, einen Parkplatz zu finden, oft gar nicht so groß, sondern eher der Bequemlichkeit der Autofahrer zuzuschreiben.
Parkdruck kann nicht als Grund herhalten, vorsätzlich eine schwere Ordnungswidrigkeit zu begehen.
Städte verteidigen illegales Gehwegparken oft damit, dass bei konsequenter Ahndung in vielen Straßen nur einseitiges Parken möglich wäre und 50% der Stellplätze wegfallen würden. Natürlich kann das aber nicht als Argument dienen, die Bequemlichkeit von Autofahrern über die Straßenverkehrsordnung zu stellen.
Es gibt kein Anrecht auf einen (möglichst kostenlosen) Parkplatz in der Nähe zum Ziel. Auf öffentlichen Straßen darf nur geparkt werden, wenn dafür auch Platz vorhanden ist. Ansonsten ist das Vorhalten von Parkplätzen für Bewohner oder Kunden Aufgabe der Eigentümer und Gewerbetreibenden. Diese rechtliche Grundlage ist vielen Autofahrern unbekannt und sollte von Politik und Verwaltung deutlich kommuniziert werden.
Um Parkdruck objektiv beurteilen zu können, müssen Parkraumangebot und Parkraumbedarf bilanziert werden.10 Über Statistiken kann die Verwaltung feststellen, wie groß der Wunsch nach Parkplätzen ist: Zahlen über die auf Anwohner gemeldeten Fahrzeuge lassen sich abfragen, zusätzliche Dienstwagen schätzen, die Fahrzeuge von Beschäftigten und Kunden zählen.
Dem gegenüber steht der Bestand an legalen Parkmöglichkeiten: Garagen und private Stellplätze, Parkstreifen, Parkplätze und Parkhäuser. Stichworte in diesem Zusammenhang sind auch die Fehlnutzung von Garagen und Stellplätzen sowie von Stellplatzsatzungen zwar verlangte, aber nicht realisierte Parkplätze. Wurde von der Gemeinde mit den Eigentümern ein Ablösungsvertrag geschlossen, hat die Gemeinde damit in der Regel eine Verpflichtung übernommen. In Bayern ist dann Parkraumangebot zu schaffen oder es sind vorhandene Straßen vom ruhenden Verkehr zu entlasten,11 in anderen Bundesländern können auch Rad-, ÖPNV- oder Park+Ride-Maßnahmen mit diesen Ablösungsbeträgen gefördert werden.
Für den dann noch bestehenden Bedarf muss der am Fahrbahnrand verfügbare Platz ausreichen. Sollte sich ein erhebliches Missverhältnis ergeben, kann es in Einzelfällen sinnvoll sein, in der Umgebung zusätzliche Parkmöglichkeiten zu schaffen, auch wenn dazu ein rechtlicher Anspruch nicht besteht. Solche zusätzlichen Parkmöglichkeiten, z.B. Quartiersgaragen, müssen weder kostenlos sein noch in der unmittelbaren Nähe des gewünschten Ziels liegen. Öffentliche Verkehrsmittel halten auch nicht direkt vor der Haustür.
Für den Bedarf muss der am Fahrbahnrand verfügbare Platz ausreichen.
Parkkonzepte
Beim Neubau von Siedlungen ist es üblich, ein zugehöriges Parkkonzept zu entwickeln. Aber auch im Bestand kann es notwendig sein, Parkkonzepte zu erstellen oder zu überarbeiten. Viele Straßen in Deutschland wurden in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts konzipiert, als Autos noch Luxusgegenstände waren und nur in geringer Zahl geparkt wurden.
Anwohner haben ein berechtigtes und schützenswertes Interesse an der Einhaltung der Vorgaben aus § 12 Abs. 4 und 4a StVO durch den motorisierten Verkehr, da sie als Anwohner in besonderer Weise darauf angewiesen sind, ungehindert die Gehwege passieren zu können.11a
Parkkonzepte können beispielsweise dazu genutzt werden, Gebietsfremde von kritischen Straßen fernzuhalten: Mögliche Maßnahmen sind Anwohnerparken, (versenkbare) Poller oder Schranken. Parkkonzepte können auch verwendet werden, um Anwohner auf private Stellplätze zu zwingen, z.B. durch Bewirtschaftung des öffentlichen Parkraums.12
In Ausnahmefällen, in denen Platz ohne Nachteile für Dritte verfügbar gemacht werden kann, können zusätzliche Parkflächen ausgewiesen oder vorhandene Parkflächen aufgestockt werden. Vielleicht gibt es auch schon private Parkhäuser, in die man Anwohner mit Sonderkonditionen locken kann, oder es lassen sich Quartiersgaragen bauen.
Weiterhin lassen sich legale Parkflächen schaffen, indem der benötigte Platz dem fließenden Autoverkehr weggenommen wird. Eine Möglichkeit ist es, Fahrbahnen schmaler zu machen oder von mehreren Spuren eine als Parkstreifen auszuweisen. In Wohngebieten kann man Einbahnstraßen einrichten, um Begegnungsverkehr zu vermeiden und dadurch eine komplette Spur zum Parken am Fahrbahnrand bereitzustellen.
Noch fortschrittlicher sind natürlich alle Maßnahmen, mit denen Stadtplaner und Stadtplanerinnen die eigentliche Ursache, nämlich zu viele private Autos, bekämpfen. Hierzu gehören alle Konzepte, mit denen Autonutzer dazu gebracht werden, alternative Verkehrsmittel wie den ÖPNV, das Fahrrad oder die eigenen Schuhe zu nutzen. Auch Carsharing-Systeme können zu einer Verminderung des Parkplatzbedarfs führen. Ein Carsharing-Stellplatz ersetzt bis zu 20 individuell genutzte Parkplätze und kann so den Parkdruck erheblich reduzieren.
Es empfiehlt sich, Parkkonzepte im Bürgerdialog zu entwickeln. Bewohner und Beschäftigte, Fußgänger und Autofahrer kennen die lokalen Gegebenheiten und habe deshalb meist Ideen, wie sich Probleme vor Ort beheben lassen.
Geschickte Straßengestaltung
Dass Autofahrer auf einem Gehweg parken, ist oft auch Nachahmung. Steht erst einmal ein Fahrzeug halb oder ganz auf dem Gehweg, kommen bald weitere hinzu. Der hinzugekommene Autofahrer denkt aus der Sicht des fließenden Verkehrs. Würde er korrekt am Fahrbahnrand parken, erschiene sein Auto als Hindernis für den übrigen Fahrbahnverkehr.
Dass Autofahrer auf einem Gehweg parken, ist oft auch Nachahmung.
Dieselbe negative Wirkung haben Straßeneinbauten, wenn sie nur wenig in die Fahrbahn hineinragen. Auch hier gibt der Einbau optisch die Führung der Fahrgasse vor. Zu kurze Einbauten verführen also dazu, teilweise auf dem Gehweg zu parken, um die Gasse für die anderen Fahrzeuge nicht einzuschränken.
Diesen psychologischen Effekt kann man bei der Straßengestaltung jedoch auch positiv nutzen, indem Einbauten derart vorgenommen werden, dass sie so weit in die Fahrbahn ragen, wie ein normales Fahrzeug breit ist. Dann wird schon unterbewusst klar, dass die Fahrgasse weiter links verläuft und man mit dem regelkonformen Parken am Bordstein nicht zum Verkehrshindernis wird. Oft reicht es schon, wenn ein einziges Fahrzeug korrekt am Fahrbahnrand parkt oder ein Blumenkübel so auf die „Parkspur“ gestellt wird, dass die Fahrgasse 2 Meter vom Gehweg weg gelenkt wird.
Überall dort, wo gewünscht wird, dass Fahrzeuge am Fahrbahnrand parken, kann man mit geschickter Straßengestaltung das Gehwegparken vermeiden. Einbauten zur Verkehrsberuhigung, aber auch Gehwegvorstreckungen an Zebrastreifen, Ampeln oder sonstigen Querungen sollten immer so tief in die Fahrbahn ragen, dass das legale Parken am Bordstein attraktiver ist als das illegale Parken auf dem Gehweg.
Umgekehrt haben Einbauten, die statt auf die Fahrbahn in die Gehwegfläche reichen, beispielsweise Baumbeete, genau die gegenteilige psychologische Wirkung. Hiermit wird unterbewusst signalisiert, dass diese Flächen sowieso nicht für den Gehweg gebraucht werden. Dann, so denkt der Autofahrer, kann man vor oder hinter dem Baumbeet auf dem Gehweg parken. Hier ist die Hemmschwelle deutlich niedriger, den Fußgängern Flächen zu nehmen statt anderen Autofahrern. Dass es verboten ist und Fußgänger den Platz zwischen Baumbeeten brauchen, um z.B. auszuweichen oder die Straße zu überqueren, wird ignoriert.
Ein weiteres Beispiel für eine ungeschickte Straßengestaltung sind irritierende Gehwegpflaster. Um Leitungen oder Gehwegplatten vor Beschädigungen zu schützen, die von verbotenerweise Gehwege befahrenden oder beparkenden Fahrzeugen hervorgerufen werden, benutzen manche Gemeinden ein kleinteiligeres und stabileres Pflaster im Bereich der Bordsteinkante.
Wird dann noch die Bordsteinkante abgesenkt, muss man sich nicht wundern, dass Autofahrer dies zum Parken missbrauchen. Rechtlich ist dies kein Parkstreifen, da ein unterschiedlicher Belag keine Abgrenzung ergibt.12a Parkstände sind mit Hochborden gegenüber Gehwegen abzugrenzen.12b Die Bordsteinkante begrenzt den Gehweg. Rechtlich ist es auch keine Parkflächenmarkierung, denn die muss einen deutlichen Kontrast aufweisen. Die optische Wirkung hingegen lässt eine Zweiteilung des Gehwegs entstehen.
Rechtlich ist eine abweichende Pflasterung kein Parkstreifen, denn die Bordsteinkante begrenzt den Gehweg.
Es ist nicht immer optisch attraktiv, kann aber effektiv sein, Gehwege so zu versperren, dass Fahrzeuge darauf gar nicht mehr parken können. Eingebürgert haben sich Reihen von Sperrpfosten am Bordstein.
Verwendet werden auch Blumenkübel, Sitzmöbel, Fahrradständer oder Grünstreifen. Zu beachten ist hierbei allerdings, dass der Gehweg weiterhin uneingeschränkt seine ursprüngliche Funktion erfüllen muss. Es ist schließlich wenig sinnvoll, ein bewegliches Hindernis (Falschparker) durch ein festes Hindernis (Blumenkübel) zu ersetzen.
Eingerissen ist leider auch die Unsitte, vielerlei KFZ-bezogene Infrastruktur auf den ohnehin schmalen Gehwegen unterzubringen: Schilder, Masten, Parkautomaten, neuerdings mehr und mehr Ladesäulen. All das suggeriert, dass Gehwege eine erweiterte KFZ-Nutzfläche seien und auch zum Parken missbraucht werden dürften.
Besonders zu beachten ist, dass die in den Richtlinien13 vorgegebenen Normbreiten nicht unterschritten werden.
Verstöße konsequent verfolgen
Intelligente Maßnahmen zur Neu- und Umgestaltung von Straßen sowie Parkkonzepte können dazu beitragen, dass der Hang zum Gehwegparken gebrochen wird. Ihre Realisierung braucht aber Zeit.
Rascher wirkt eine konsequente Überwachung und Ahndung mit ausreichend Personal. Fahrzeugführer, die in den Schutzraum für Fußgänger eindringen, müssen leider erst wieder lernen, sich an das Parkverbot auf Gehwegen zu halten.
Dass Überwachung und Ahndung des Gehwegparkens zwingende Maßnahmen sind, hat der Gesetzgeber unter anderem dadurch deutlich gemacht, dass Verstöße zu einem Eintrag im Fahreignungsregister und damit gegebenenfalls nach § 4 Abs. 5 StVG zum Führerscheinentzug führen. Schon bei drei „Punkten in Flensburg“ wird dem Verkehrssünder der Besuch eines Fahreignungsseminars nahe gelegt.14
Dass Überwachung und Ahndung des Gehwegparkens zwingende Maßnahmen sind, hat der Gesetzgeber dadurch deutlich gemacht, dass Verstöße zu einem Eintrag im Fahreignungsregister und damit gegebenenfalls zum Führerscheinentzug führen.
Es ist deshalb erforderlich, dass Verstöße gegen das Parkverbot auf Gehwegen durch die Ordnungsbehörden konsequent geahndet werden. Andernfalls untergraben Kommunen ihre eigene Autorität und den Rechtsstaat als Ganzes.
Gerade für Lokalpolitiker und für Entscheider in der Verwaltung ist die geänderte Rechtslage wichtig: Früher gültige Gründe für eine Duldung wie der Verweis auf Geringfügigkeit des Verstoßes oder auf das Opportunitätsprinzip können seit der StVO-Novelle zum Schutz von Radfahrern und Fußgängern 2020 nicht mehr vorgebracht werden. Parken auf einem Gehweg ist – zumindest länger als eine Stunde oder bei Behinderung – ein schwerer Verkehrsverstoß, um deren Ahndung die Ordnungsbehörde nicht herumkommt.15
Das VG Bremen betont, dass auch bei nichtbehinderndem Gehwegparken geahndet werden muss: „Wird bei ‚nur‘ verkehrsordnungswidrigem Parken auf Gehwegen ohne Verkehrsbeeinträchtigung nicht eingeschritten, stünden die Kläger faktisch rechtsschutzlos.“15a
Auch im Ordnungswidrigkeitenrecht sind gesetzwidrige Taten im Regelfall zu verfolgen. Jede Nicht-Ahndung braucht als Ausnahme eine Begründung, die zu dokumentieren ist.16 Mit einer kommunalen Dienstanweisung wirksame Rechtsvorschriften zu unterlaufen, ist mit dem Verfassungsprinzip des Gesetzesvorrangs unvereinbar.16a Solche Dienstanweisungen widersprechen damit auch dem Willen der verordnungsgebenden Gewalt, die das Gehwegparken ganz bewusst ohne Ausnahmeregelungen für bestimmte Restgehwegbreiten untersagte.16b
Außer einem unberechtigten Aufschrei der Autofahrer spricht zusätzlich wenig dagegen, im Normalfall § 3 Abs. 4a BKatV anzuwenden, also von einem vorsätzlich begangenen Verkehrsverstoß auszugehen. Dass jemand versehentlich, also fahrlässig auf einem Gehweg parkt, weil z.B. eine abgesenkte Bordsteinkante als Parkerlaubnis verstanden wird, kommt vor, ist aber selten. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat schon 1995 festgestellt, dass „Parken auf dem Gehweg in der Regel nur vorsätzlich begangen werden kann“.17
Da in den seltensten Fällen der Verursacher des Parkverstoßes bekannt ist, muss die Behörde Verfahren einführen und einhalten, welche ein ordnungsgemäßes Bußgeldverfahren sicherstellen. Da Verkehrsordnungswidrigkeiten innerhalb von nur 3 Monaten verjähren (§ 26 StVG), ist Eile geboten. Dazu gehört es, innerhalb weniger Tage den Halter des Fahrzeugs zur Angabe des Fahrers aufzufordern.
Kann oder will der Halter den Fahrer nicht benennen, greift zumindest die Kostentragungspflicht nach § 25a StVG. Macht der Halter von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, um den Fahrer, der den Parkverstoß begangen hat, nicht benennen zu müssen, so kann ihm gemäß § 31a StVZO das Führen eines Fahrtenbuchs vorgeschrieben werden.18
Bei mehrfacher Weigerung sollte diese Maßnahme im Regelfall angewendet werden. Dies ist bei Verkehrsverstößen, die zu einem Eintrag im Fahreignungsregister führen würden, zulässig19 und angemessen.20 Maßgeblich sei „die zukünftige Gefahrenabwehr unaufklärbarer Verkehrsverstöße“21.
Verkehrsunterricht kann angeordnet werden, wenn dem Verkehrsteilnehmer Vorschriften zum Parken nicht hinreichend geläufig sind.
VGH München
Ein viel zu selten angewandtes Mittel der Straßenverkehrsordnung ist der verpflichtende Besuch eines Verkehrsunterrichts. Diesen kann nach § 48 StVO die Ordnungsbehörde jederzeit anordnen, um „die Sicherheit und Ordnung auf den Straßen durch Belehrung solcher, die im Verkehr Fehler begangen haben, zu heben.“22 Dies gilt beispielsweise, wenn dem Verkehrsteilnehmer Vorschriften zum Parken nicht „hinreichend geläufig“ sind.23 Vorhandenes oder vermeintliches Nichtwissen wird von vielen Verkehrsteilnehmern als Entschuldigung vorgebracht. Verkehrsunterricht ist dazu die geeignete Abhilfe. § 48 StVO kann laut VwV-StVO sogar Fahrzeughaltern auferlegt werden, „welche die Bedeutung und Tragweite der Vorschriften nicht erfasst haben.“
Die Straßenverkehrsordnung und die Bußgeldverordnung gelten unabhängig davon, welchen Teil des Gehwegs ein parkendes Fahrzeug belegt und wie breit der für Fußgänger verbleibende Teil des Gehwegs ist. Der Gehweg als Ganzes ist Schutzzone für Kinder, Senioren und alle anderen schwächeren Verkehrsteilnehmer. Eine verbleibende Restbreite kann höchstens zur Beurteilung herangezogen werden, ob schon bei kurzem Parken eine Behinderung vorliegt. Wie im Kapitel „Parken auf Gehwegen“ ausführlich behandelt, verstehen Gerichte einen eingeschränkten Begegnungsverkehr als Kriterium für eine Behinderung. Liegt eine Behinderung vor, darf das Fahrzeug umgehend umgesetzt oder abgeschleppt werden.24
Wiederholt sei: Seit der Novelle des Bußgeldkatalogs 2021 ist das Gehwegparken kein geringfügiger Verkehrsverstoß mehr. Eine konsequente Ahndung durch Ordnungsbehörde oder Polizei ist deshalb angebracht, angemessen und erforderlich.
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1Umweltbundesamt: „Rechtliche Hemmnisse und Innovationen für eine nachhaltige Mobilität“, https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2020-11-20_texte_94-2019_rechtsinnmobil_1-teilbericht-recht-innovation.pdf
1aVG Bremen, 11.11.2021 – 5 K 1968/19
2Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 16/4099, https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen/4000/16_4099_D.pdf
3https://www.heidelberg.de/site/Heidelberg_ROOT/get/documents_E788383139/heidelberg/Objektdatenbank/31/PDF/Energie%20und%20Klimaschutz/31_pdf_Infoblatt%20Klimaschutzaktionsplan_2020.pdf
4https://www.heidelberg.de/hd/HD/service/30_07_2020+fuer+mehr+verkehrssicherheit+und+klimaschutz.html
5https://www.ulm.de/-/media/ulm/vgv/vp/downloads/gehwegparken/flyer-gehwegparken.pdf
6https://www.niederkassel.de/magazin/artikel.php?artikel=4207&type=2&menuid=73&topmenu=36
7zitiert durch Ministerium des Innern NRW, Landtags-Drucksache LT-Drs. 17/13811, https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-13811.pdf
7aVG Bremen, 11.11.2021 – 5 K 1968/19
7bNach StGB, § 315b zählt u.a. das Bereiten von Hindernissen als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr. Ein Hindernis kann auch ein Fahrzeug sein: BGH, 01.09.1967 – 4 StR 340/67, allerdings voraussetzend, dass eine Schädigung Dritter beabsichtigt ist. „Nur“ fehlerhafte Verkehrsteilnahme reicht dem BGH nicht aus./p>
8https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=3120071121100036031
9Beispiel Stadt Ulm: https://fragdenstaat.de/files/foi/378816/kopievonstraenverzeichnisgehwegparken-1.pdf?download
10siehe z.B. FGSV: Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs (EAR)
11Bayerische Bauordnung (BayBO), § 47
11aVG Bremen, 11.11.2021 – 5 K 1968/19
12gemäß § 6a Abs. 1 StVG – für eine ausführliche Diskussion siehe AGORA Verkehrswende: Rechtgutachten „Öffentlicher Raum ist mehr wert“, https://www.agora-verkehrswende.de/fileadmin/Projekte/2018/OEffentlicher_Raum_ist_mehr_wert/Agora_Verkehrswende_Rechtsgutachten_oeffentlicher_Raum.pdf
12aOLG Köln, 01.04.1997 – Ss 500/96 Z - 44 Z
12bFGSV, „Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen“ (RASt) 6.1.5.2
13z.B. FGSV: Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen (EFA)
14§ 4a StVG in Verbindung mit § 42 FeV
15BayObLG München, 06.05.2019 – 201 ObOWi 276/19
15aVG Bremen, 11.11.2021 – 5 K 1968/19
16Erlass zur Überwachung und Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr, Ministerium für Verkehr, Baden-Württemberg, 11.05.2020 – Az. 4-38.51.1-00/1527
16aHöltig, „Vollzugsdefizite beim illegalen Gehwegparken“, NZV 2022, 220
16bBayObLG, 30.01.1975 – 1 Ob OWi 2/75
17OLG Düsseldorf, 04.12.1995 - 2 Ss (OWi) 429/95 - (OWi) 97/95 III
18VG Trier, 20.12.2011 – 1 L 1538/11.TR
19OVG NRW, 29.04.1999 - 8 A 699/97
20BVerwG, 17.05.1995 - 11 C 12/94
21VGH Baden-Württemberg, 18.06.1991 - 10 S 938/91
22VwV-StVO zu § 48
23VGH München, 29.10.2014 – 11 ZB 14.1026
24OVG NRW, 20.12.2012 - 5 A 2802/11
Gehwege
Dieser Text ist ein Ausschnitt aus unserer Broschüre „Parken auf Gehwegen: Problematik, Rechtslage, Handlungsbedarf“. Sie können die gesamte Broschüre als PDF hier herunterladen. |
Gehwege sind – genau wie die Fahrbahn, die Trennstreifen, die befestigten Seitenstreifen (Stand-, Park- und Mehrzweckstreifen), die Bankette, Bushaltestellenbuchten und Radwege – Bestandteile einer Straße.1
Das OLG Hamm definiert: „Bei einem ‚Gehweg‘ handelt es sich um einen Weg, der für Fußgänger eingerichtet und bestimmt ist, von der Fahrbahn räumlich getrennt und als Gehweg – durch Pflasterung, Plattenbelag oder auf sonstige Weise – äußerlich erkennbar ist. Die Grenze zur Fahrbahn bildet grundsätzlich [d.h. im Normalfall]2 die Bordsteinkante.“3
Ein Gehweg ist also der Teil einer Straße, der für Fußgänger bestimmt ist. Er ist von der Fahrbahn getrennt, die für die Fahrzeuge bestimmt ist. Die Straßenverkehrsordnung sagt dazu: „Wer zu Fuß geht, muss die Gehwege benutzen. Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen.“4
Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen.
StVO
Sinn und Nutzen von Gehwegen
Gehwege werden dort angelegt, wo es sinnvoll ist, Fahrverkehr und Fußverkehr zu trennen.
Dies ist immer dann der Fall, wenn Fahrverkehr Fußgänger gefährden oder behindern könnte. Gehwege dienen als Schutzzone und exklusiver Verkehrsraum, insbesondere für Kinder, Senioren, Personen mit Mobilitätseinschränkungen und andere besonders gefährdete Verkehrsteilnehmer.
Die Ausgestaltung von Gehwegen sollte sich nach dieser Schutz- und Verkehrsfunktion und der jeweiligen Bedeutung des Fußverkehrs vor Ort richten. Nicht nur in dicht bebauten Gebieten, sondern auch in der Nähe von Schulen oder in Geschäftsbereichen, hat Fußverkehr oft eine höhere Bedeutung als der Fahrverkehr.
Zudem ist jeder Auto- und Radfahrer auch Fußgänger, und sei es nur auf dem Weg zum Fahrzeug. Hier möchte er genauso geschützt werden wie der reine Nur-Fußgänger.
Bei der Neuplanung sollten Gehwege derart dimensioniert werden, dass sie dieser Schutzfunktion und der zu erwartenden Fußverkehrsdichte gerecht werden. Die notwendigen Breiten werden dabei durch einschlägige Richtlinien empfohlen.
Die Richtlinien berücksichtigen hierzu neben der Anzahl von Fußgängern (Überholverkehr, Begegnungsverkehr) auch die „Breite“ von Fußgängern. Ein Erwachsener mit zwei Kindern, eins im Kinderwagen, eins an der Hand, braucht mehr Platz als eine Einzelperson. Gleiches gilt für den Rollatorfahrer mit Begleitperson, die als Sturzsicherung neben und nicht hinter ihm gehen muss. Wem das zu exotisch ist, der stelle sich einfach zwei große Einkaufstaschen vor.
Viel Platz auf dem Gehweg brauchen auch Kinder im Grundschulalter, die mit Fahrrädern, Tretrollern, Rollschuhen und anderen „Fahrzeugen“ lernen, sich im Verkehr zu bewegen. Bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen Kinder mit ihren Fahrrädern auf dem Gehweg fahren und dürfen nicht auf die Fahrbahn ausweichen.5
Zur Schutzfunktion gehört auch, dass zwischen dem eigentlichen Gehbereich und einer angrenzenden Fahrbahn ein Sicherheitsraum (50cm, bei sehr wenig befahrenen Straßen 30cm) vorgesehen ist. Dieser verhindert, dass direkt am Fahrbahnrand schnell vorbei fahrende Fahrzeuge Fußgänger verletzen können, die auf dem Gehweg unterwegs sind.
Im Kapitel „Legales Gehwegparken“ werden wir genauer auf die geforderten Gehwegbreiten eingehen.
Konflikte ums Gehwegparken
Diskussionen über das Parken auf Gehwegen entzünden sich meist an Situationen, in denen die Verkehrs- und Schutzfunktion von Gehwegen legal oder illegal aufgehoben oder eingeschränkt wird.
Auf der Suche nach einem Parkplatz halten sich viele Autofahrer nicht an die Verkehrsregeln. Weil sie nicht dazu bereit sind, einen legalen Parkplatz zu suchen, der möglicherweise etwas weiter von ihrem Ziel entfernt ist, wird der Straßenraum, der ausschließlich dem Fußverkehr vorbehalten ist, zum Parken missbraucht.
Autos sind überwiegend keine Fahrzeuge, sondern Stehzeuge. Im Schnitt parken PKW 95% der Zeit, ungefähr also 23 Stunden am Tag.6
Für diese Parkzeiten wird von Autofahrern öffentlicher Platz eingefordert. Viele Autofahrer glauben sogar, sie hätten einen Anspruch darauf.
Es gibt keinen Rechtsanspruch auf öffentlichen Parkraum, erst recht nicht auf solchen in größtmöglicher Nähe.7 Auch aus dem Straßenanliegergebrauch8 „erwächst den Anwohnern einer Straße kein Anspruch darauf, dass Parkmöglichkeiten unmittelbar bei ihren Grundstücken oder in angemessener Nähe eingerichtet werden.“9
Es gibt keinen Rechtsanspruch auf öffentlichen Parkraum.
VG Köln
Der straßenrechtliche Gemeingebrauch lässt zwar das PKW-Parken auf bestimmten Straßenflächen zu, nämlich dort, wo es straßenverkehrsrechtlich erlaubt und nicht untersagt ist. Aber auch daraus kann niemand einen Rechtsanspruch ableiten. Noch nicht einmal in Bereichen mit Anwohnerparken gibt es einen garantierten Parkplatz. Die Gebühr für einen Bewohnerparkausweis ist nämlich kein Parkticket, sondern lediglich eine Verwaltungsgebühr für dessen Ausstellung.
Die öffentliche Hand braucht nicht für Parkflächen zu sorgen. Aber es gibt in Kommunen und Bundesländern Stellplatzsatzungen, die den Bauherren von Wohnraum und Gewerbe vorschreiben, dass und wie viel Parkraum bei Neu- und Ausbauten sowie Nutzungsänderungen auf privaten Flächen, also außerhalb des öffentlichen Straßenraums, geschaffen werden muss.
Hier gilt das Verursacherprinzip: Wer KFZ-Verkehr erzeugt, muss ihn grundsätzlich auf dem eigenen Grundstück unterbringen. Die Gemeinde muss nur für eigene bauliche Anlagen Parkmöglichkeiten bereitstellen.
Wer KFZ-Verkehr erzeugt, muss ihn grundsätzlich auf dem eigenen Grundstück unterbringen.
Wollen in einem Gebiet mehr Menschen ihr Auto abstellen, als privater und öffentlicher Raum dafür vorhanden ist, entsteht „Parkdruck“: Parkraum ist knapp.
Zudem besteht bei jedem Autofahrer der subjektive Wunsch, möglichst nah an Wohnung oder Arbeitsplatz zu parken, am besten auch noch kostenlos.
Kommen nun eine für den vorhandenen Parkraum zu große Zahl von Autos, die Bequemlichkeit des Autofahrers, Angst vor Belästigung anderer Autofahrer oder vor Beschädigungen des eigenen Autos sowie mangelndes Verständnis für Sinn und Bedeutung des Gehwegs zusammen, wird oft die Abgrenzung der Fahrbahn überschritten und das Fahrzeug ganz oder teilweise auf dem Gehweg geparkt.
Fahrzeuge reichen so (legal oder illegal) in den Schutzraum hinein, der für Fußgänger vorgesehen wurde. Fußgänger werden belästigt, behindert oder gar gefährdet.
Rechtlicher Hintergrund
Das Parken auf Gehwegen kann zulässig oder unzulässig sein. Die Regelungen hierzu sind bundeseinheitlich.
Die Straßenverkehrsordnung10 (StVO) ist eine vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur erlassene und vom Bundesrat gebilligte Rechtsverordnung für die Teilnahme am Straßenverkehr. Sie gilt für jeden, der im öffentlichen Straßenraum unterwegs ist: Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger usw. „Straße“ bezeichnet dabei nicht nur die Fahrbahn, sondern den gesamten öffentlichen Verkehrsraum zwischen den Grundstücken.
Die technische und administrative Umsetzung der StVO durch die Straßenverkehrsbehörden wird in der „Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung“11 (VwV-StVO) geregelt. Sie enthält unter anderem die Vorschriften, wo und wie legales Gehwegparken erlaubt werden darf.
Bei Verstößen gegen die Regelungen der StVO handelt es sich laut Straßenverkehrsgesetz12 (StVG) um Verkehrsordnungswidrigkeiten, die nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten13 (OWiG) verfolgt werden und mit einer Geldbuße belegt sind. Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten kann nach § 56 OWiG eine Verwarnung ausgesprochen werden. Akzeptiert der Verkehrsteilnehmer eine Verwarnung, erspart er sich und der Behörde das aufwändige Bußgeldverfahren. Verwarnungen sind üblicherweise mit einem Verwarnungsgeld zwischen € 5 und € 55 belegt, können aber auch durch eine einfache Ermahnung ausgedrückt werden.
Für Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung gibt es Bußgeldregelsätze. Sie bestimmen die Höhe der Geldbuße „im Regelfall“, also im Normalfall, und stehen in der „Verordnung über die Erteilung einer Verwarnung, Regelsätze für Geldbußen und die Anordnung eines Fahrverbotes wegen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr“14 (Bußgeldkatalog-Verordnung, BKatV).
Um Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr statistisch einheitlich zu erfassen, ist jedem Bußgeldtatbestand eine sechsstellige Tatbestandsnummer zugeordnet. Dieser „Bundeseinheitliche Tatbestandskatalog“15 (BT-KAT-OWI) wird vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) herausgegeben, im Verkehrsblatt als amtliches Druckwerk veröffentlicht und ist in der jeweils geltenden Fassung verbindlich.
Auf den folgenden Seiten gibt es Tabellen für die häufigsten Verkehrsverstöße in Zusammenhang mit dem Gehwegparken. In diesen ist neben der Nummer im Bußgeldkatalog und den Regelbußgeldsätzen soweit vorhanden jeweils auch die Tatbestandsnummer (BT-KAT-OWI, 13. Auflage) angegeben. Auch die angegebenen Bezeichnungen der Tatbestände sind weitgehend dem Tatbestandskatalog oder dem Bußgeldkatalog entnommen.
Gestern – heute – morgen
Rechtliche Regelungen sind einer fortlaufenden Entwicklung unterworfen. Ältere Straßenverkehrsordnungen enthielten andere Regelungen, zukünftige können wieder abweichende Regelungen enthalten.
Dieser Broschüre liegt die Fassung der Straßenverkehrsordnung zugrunde, die am 28. April 2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde und damit in Kraft trat. In diese Änderung flossen erhebliche Verbesserungen zum Schutz von Radfahrern und Fußgängern vor Falschparkern ein, da „in Zeiten immer knapper werdender Verkehrsflächen dem Problem des unzulässigen Haltens oder Falschparkens auf den für den Fuß- oder Radverkehr vorbehaltenen Verkehrsflächen effektiv begegnet werden muss.“16
Aufgrund eines Formfehlers in der zugehörigen neuen BKatV (im Zusammenhang mit Fahrverboten bei Geschwindigkeitsüberschreitungen) trat im April 2020 zwar die StVO-Novelle selbst in Kraft, der passende Bußgeldkatalog hingegen wurde nach Intervention des Bundesverkehrsministeriums wenige Wochen später ungültig. Auch wenn dieser Formfehler ausschließlich die strittigen Fahrverbote betraf, wurden mit der kompletten BKatV auch die verschärften Bußgelder für das Gehwegparken vorläufig ausgesetzt.
In Zeiten immer knapper werdender Verkehrsflächen muss dem Problem des Falschparkens effektiv begegnet werden.
Bundesrat
Erst seit der Bundesratssitzung vom 8. Oktober 2021 sind die rechtlichen Unsicherheiten mit dem Bußgeldkatalog ausgeräumt. Die Verordnung wurde am 19. Oktober 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, und drei Wochen später traten die hier beschriebenen Regelsätze in Kraft.
Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Broschüre wurde bereits an einer weiteren, fußgängerfreundlichen Überarbeitung der StVO gearbeitet. Die von der Verkehrsministerkonferenz im April 2021 veröffentlichten Vorschläge17 umfassen auch Aspekte des Parkens, die in dieser Broschüre besprochen werden, beispielsweise Parken als Sichthindernis, eine konkrete Breitenvorgabe des Rest-Gehwegs beim angeordneten Gehwegparken sowie höhere Bußgelder beim Parken an Querungsstellen.
Bitte prüfen Sie in jedem Fall die aktuelle Rechtslage in Ihrem Bundesland und ob zwischenzeitlich eine veränderte Fassung der hier behandelten Verordnungen veröffentlicht wurde.
Die Autoren beschreiben in dieser Broschüre ihre Interpretation der geltenden Regelungen. Es handelt sich um keine Rechtsberatung.
Befahren von Gehwegen
Parkverbote auf Gehwegen sind zunächst eine logische Fortsetzung des Fahrverbots auf Gehwegen. Die Straßenverkehrsordnung schreibt die Schutzfunktion von Gehwegen in einem ganz einfachen Satz fest: „Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen.“18 (§ 2 Abs. 1)
Schon deshalb dürfen Fahrzeuge den Gehweg nicht benutzen. Dieses Verbot ist absolut.
Selbst das Überfahren eines Gehwegs, um von einem privaten Grundstück auf eine öffentliche Fahrbahn zu gelangen (oder umgekehrt), ist nicht selbstverständlich. So bedarf schon das Anlegen einer Zufahrt über einen Gehweg einer Genehmigung für diese spezielle Stelle, sei es durch Bauplanungsrecht oder nachträglich als Sondernutzung.19
Das grundsätzliche Fahrverbot auf Gehwegen wird nicht nur durch die Schutzfunktion des Gehwegs, sondern auch technisch begründet: Gehwege sind von ihrer baulichen Konstruktion her gar nicht für die Belastungen ausgelegt, die beim Befahren mit einem Kraftfahrzeug auftreten. So werden nicht nur Gehwegplatten beschädigt, sondern es können auch unter dem Gehweg verlaufende Versorgungsleitungen in Mitleidenschaft gezogen werden.
Die Genehmigungspflicht stellt sicher, dass eine Einfahrt entsprechend den Gesetzen des jeweiligen Bundeslands und den zugehörigen Gemeindesatzungen baulich darauf ausgelegt wird, das Gewicht eines Fahrzeugs auszuhalten, und dass eine Gefährdung des restlichen Fahr- und Fußverkehrs ausgeschlossen ist.
Selbst für Fahrzeuge zur Gehwegreinigung gilt dieses Befahrverbot, welches nur durch die Ausnahmegenehmigung in § 35 Abs. 6 StVO aufgehoben wird. Dort ist allerdings auch festgeschrieben, dass das Fahrzeug nur bestimmte Belastungen auf den Gehweg ausüben darf, so dass dieser nicht beschädigt werden kann.
Da Gehwege nicht befahren werden dürfen, ist selbstredend auch das Halten auf einem Gehweg verboten. Sogar zum Be- und Entladen bedarf es einer Ausnahmegenehmigung, wenn dazu der Gehweg benutzt werden soll.20
Bußgelder in Zusammenhang mit dem Befahren von Gehwegen finden sich im Abschnitt „Straßenbenutzung durch Fahrzeuge“ des Bußgeldkatalogs. Sie gelten auch für Radfahrer. Für Benutzer von Elektrokleinstfahrzeugen (E-Scooter, Segway) gelten unverständlicherweise abweichende Bußgelder.
Tabelle 1: Bußgelder für das Fahren auf Gehwegen
2 | Vorschriftswidrig Gehweg benutzt | 102100 | € 55 |
2.1 | … mit Behinderung | € 70 | |
2.2 | … mit Gefährdung | € 80 | |
2.3 | … mit Sachbeschädigung | € 100 | |
238 | Mit einem Elektrokleinstfahrzeug eine nicht zulässige Verkehrsfläche befahren | 610100 | € 15 |
238.1 | … mit Behinderung | 610101 | € 20 |
238.2 | … mit Gefährdung | 610102 | € 25 |
238.3 | … mit Sachbeschädigung | 610103 | € 30 |
Die Formulierung „mit Sachbeschädigung“ in Nummer 2.3 bezieht sich auf einen Unfall, der durch das verbotene Fahren auf dem Gehweg verursacht wurde.
Nicht ganz konsequent ist der Bußgeldkatalog in Bezug auf Gehwege, die zusätzlich mit einem der blauen Verkehrszeichen 239 („Gehweg“), 240 („gemeinsamer Geh- und Radweg“), 241 („getrennter Rad- und Gehweg“) oder 242.1 („Beginn einer Fußgängerzone“) ausgeschildert sind, denn dort nennt die BKatV teilweise abweichende Regelsätze und Bedingungen.
Für diese Vergehen sind die Bußgelder im Abschnitt „Vorschriftzeichen“ des Bußgeldkatalogs aufgeführt.
Tabelle 2: Bußgelder für das Fahren auf Gehwegen, die zusätzlich mit blauen Verkehrszeichen versehen sind
141 | Entgegen Zeichen 239 Gehweg befahren oder dort gehalten | ||
141.1 | … mit einem Kraftfahrzeug über 3,5t zul. Gesamtmasse, ausgenommen PKW und Kraftomnibus | 141736 | € 100 |
… mit Gefährdung | € 120 | ||
… mit Sachbeschädigung | € 145 | ||
141.2 | … mit einem Kraftfahrzeug mit Anhänger oder einem Kraftomnibus | 141158 | € 55 |
141.3 | … mit einem anderen Kraftfahrzeug | 141163 | € 50 |
141.4 | … als Radfahrer | 141169 | € 25 |
141.4.1 | … mit Behinderung | 141170 | € 30 |
141.4.2 | … mit Gefährdung | 141171 | € 35 |
141.4.3 | … mit Sachbeschädigung | 141172 | € 40 |
151 | Beim Führen eines Fahrzeugs in einem Fußgängerbereich einen Fußgänger gefährdet | ||
151.2 | … bei nicht zugelassenem Fahrzeugverkehr | 141609 | € 70 |
Das Befahren eines Gehwegs kann von der Straßenverkehrsbehörde im Einzelfall erlaubt werden. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Ausschilderung mit Verkehrszeichen 239 („Gehweg“) und dem Zusatzzeichen 1022-10 („Radfahrer frei“). Allerdings ist die Freigabe von Gehwegen für Fahrräder oder andere Fahrzeuge eine häufige Quelle von Konflikten und sogar Unfällen.
Beparken von Gehwegen
Da Gehwege nicht befahren werden dürfen und auch das Halten auf einem Gehweg nicht gestattet ist, ergibt sich zwangsläufig, dass das Parken auf Gehwegen verboten ist.
Die Straßenverkehrsordnung bekräftigt dieses Verbot in § 12 Abs. 4: „Zum Parken ist der rechte Seitenstreifen, dazu gehören auch entlang der Fahrbahn angelegte Parkstreifen, zu benutzen, wenn er dazu ausreichend befestigt ist, sonst ist an den rechten Fahrbahnrand heranzufahren.“
Zum Parken ist an den rechten Fahrbahnrand heranzufahren.
StVO
Man muss also am Fahrbahnrand parken oder auf einem extra dazu eingerichteten Seitenstreifen. Seiten- und Parkstreifen haben laut OLG Hamm keine bauliche Trennung zur Fahrbahn.21 Gehwege hingegen sind durch eine Bordsteinkante, in verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen auch durch Pflasterlinien22, von der Fahrbahn oder einem Seiten-/Parkstreifen abgetrennt.23 Jenseits der Bordsteinkante darf in keinem Fall geparkt werden, außer dies wurde explizit erlaubt.
Das Parkverbot gilt auch für Fahrzeuge, die „nur ein wenig“ auf den Gehweg gefahren sind und teilweise noch auf der Fahrbahn oder dem Seitenstreifen stehen. Dies wird als „Halbbordparken“, „halbhüftiges“ oder einfach „halbes“ Parken bezeichnet.
Nur in Ausnahmefällen erlaubt die Straßenverkehrsordnung das Parken auf einem Gehweg. Dazu muss es explizit gestattet werden. Zu diesem Zweck gibt es das Verkehrszeichen 315 („Parken auf Gehwegen“) sowie die so genannte „Parkflächenmarkierung“.
Daher unterscheiden wir im folgenden Kapitel zwischen legalem und illegalem Parken auf Gehwegen.
Dieser Text ist ein Ausschnitt aus unserer Broschüre „Parken auf Gehwegen: Problematik, Rechtslage, Handlungsbedarf“. Sie können die gesamte Broschüre als PDF hier herunterladen. |
1Genaue Definitionen finden sich in den Straßen- und Wegegesetzen der Länder.
2Verdeutlichung durch die Autoren
3OLG Hamm, 08.02.1994 – 3 Ss OWi 1215/93, mit Verweis auf BGH VRS 4, 388; OLG Düsseldorf VM 1992, 70/71
4§ 25 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO)
5§ 2 Abs. 5 StVO
6Martin Randelhoff: „Die größte Ineffizienz des privaten Pkw-Besitzes: Das Parken“, https://www.zukunft-mobilitaet.net/13615/strassenverkehr/parkraum-abloesebetrag-parkgebuehr-23-stunden/, mit Verweis auf „Ergebnisbericht Mobilität in Deutschland 2008“ und andere europäische Statistiken
7OVG Niedersachsen, 17.02.2012 - 7 ME 185/11
8z.B. § 14a Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (StrWG NRW), http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?xid=167317,17
9VG Köln, 13.05.2011 - 18 K 1172/11
10http://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/
11http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_26012001_S3236420014.htm
12https://www.gesetze-im-internet.de/stvg/
13http://www.gesetze-im-internet.de/owig_1968/
14https://www.gesetze-im-internet.de/bkatv_2013/
15https://www.kba.de/DE/ZentraleRegister/FAER/BT_KAT_OWI/btkat_node.html
16Begründung zur StVO-Novelle 2020, Bundesratsdrucksache 591/19, S. 115, https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2019/0501-0600/591-19.pdf
17https://www.verkehrsministerkonferenz.de/VMK/DE/termine/sitzungen/21-04-15-16-vmk-telefonschaltkonferenz/21-04-15-16-bericht-ad-hoc-ag-fussverkehrspolitik-6-3.pdf
18Hervorhebung durch die Autoren
19Der in Landesstraßengesetzen definierte Anliegergebrauch umfasst oft, aber nicht zwangsläufig das Recht auf Anlage einer Zufahrt zu einem privaten Stellplatz; siehe u.a. VG Augsburg, 08.11.2017 – Au 6 K 17.631; VG Gelsenkirchen, 20.05.2008 - 14 K 1550/06; OVG Münster, 16.06.2014 - 11 A 1097/12
20VG Saarlouis, 29.08.2012 - 10 K 1899/11
21OLG Hamm, 14.03.1979 - 6 Ss OWi 2455/78
22§ 39 Abs. 5 StVO
23OLG Hamm, 08.02.1994 - 3 Ss OWi 1215/93
Legales Radeln auf Gehwegen
Seitenabstand beim Überholen
Auch Radfahrende müssen beim Überholen einen ausreichenden Seitenabstand zu anderen Verkehrsteilnehmenden einhalten (§ 5 Absatz 4 Satz 2 Straßenverkehrs-Ordnung). Aufgrund des unterschiedlichen Gefährdungspotentials gelten - anders als bei Überholvorgängen von Kraftfahrzeugen - jedoch keine festen Mindestvorgaben. Vielmehr hängt der einzuhaltende Seitenabstand von den Umständen des Einzelfalls ab. Bietet die zur Verfügung stehende Verkehrsfläche keine Gewähr für einen sicheren Überholvorgang, so kann auch Radfahrenden das Überholen untersagt sein.
Gemeinsamer Geh- und Radweg
Die Ausweisung eines so genannten Sonderweges mit Zeichen 240 (Gemeinsamer Geh- und Radweg) bedeutet, dass Radfahrende und Fußgänger/innen diesen Sonderweg benutzen müssen. Erforderlichenfalls müssen Radelnde die Geschwindigkeit an den Fußverkehr anpassen (siehe Anlage 2 StVO, Zeichen 240, Ge- und Verbote).
Nach der geltenden Rechtsprechung (vergleiche Urteil des OLG Frankfurt 22. Zivilsenat vom 09.10.2012 - 22 U 10/11) treffen bei einem gemeinsamen Fuß- und Radweg (Zeichen 240) Radfahrende höhere Sorgfaltspflichten als die Fußgänger/innen. Diese Pflichten können Radelnde zur Herstellung von Blickkontakt, Verständigung und notfalls Schrittgeschwindigkeit zwingen. Radfahrende haben auf kombinierten Geh- und Radwegen keinen Vorrang, Fußgänger/innen müssen sie aber vorbeifahren lassen. Dabei müssen die Radfahrenden jede Gefährdung vermeiden. Fußgänger/innen dürfen den gemeinsamen Fuß- und Radweg auf der ganzen Breite benutzen und dort auch stehenbleiben. Sie brauchen, da dort Radfahrende keinen Vorrang haben, nicht fortwährend nach Radelnden, die etwa von hinten herankommen könnten, Umschau halten. Sie dürfen darauf vertrauen, dass Radfahrende rechtzeitig durch Glockenzeichen auf sich aufmerksam machen, um dann aber ein Passage freizugeben (KG VersR 1977, Seite 770). Radfahrende haben demnach die Belange des Fußverkehrs auf solchen Wegen besonders zu berücksichtigen und insbesondere bei unklaren Verkehrslagen gegebenenfalls Schrittgeschwindigkeit zu fahren, um ein sofortiges Anhalten zu ermöglichen. Radfahrende auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg, die aber diesen in falscher Richtung befahren, haften bei Unfällen mit sehr hohen Anteilen
In der von uns veröffentlichten umfangreichne Broschüre "Radfahrer auf dem Gehweg, Fußgänger auf dem Radweg - Regeln, Konflikte, Verbesserungspotential" erklären wir sowohl Radfahrenden als auch Zufußgehenden anhand typischer Verkehrssituationen die Verkehrs- und Planungsregeln für Mischwege. Wem die 100 Seiten dieser Broschüre zu umfangreich sind, der findet hier die Kurzfassung "Gehwege, Radwege, Mischwege - Regeln für Verkehrsteilnehmer, Planende und Behörden", welche sich auf die für Mischwege geltenden Verkehrsregeln sowie die für Planende und für Behörden geltenden Richtlinien und Vorschriften konzentriert.
Gehweg „Radfahrer frei“
Wege, die mit dem Schild „Gehweg“ (§41 Anlage 2 Zeichen 239 Gehweg StVO) gekennzeichnet sind, dürfen grundsätzlich von keiner anderen Verkehrsart benutzt werden. Das Zusatzschild mit dem Symbol „Radfahrer frei“ zum Zeichen „Gehweg“ erlaubt Radfahrenden jedoch die Benutzung des Gehweges (sie dürfen jedoch selbstverständlich die Fahrbahn im Regelfall benutzen). Ist durch Zusatzzeichen die Benutzung eines Gehweges für eine andere Verkehrsart erlaubt, muss diese auf den Fußverkehr Rücksicht nehmen, dieser darf weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig, muss der Radverkehr warten; er darf allgemein nur mit Schrittgeschwindigkeit (4 – 7 km/h) fahren. Da die Schilder „Radfahrer frei“ nur in allgemeiner Fahrtrichtung angebracht werden, dürften Radfahrende diese Gehwege auch nur „rechts“ befahren.
Markierung Symbolbild Fuß/Radverkehr auf Gehwegbelag
Bereits seit 1997 war es den Straßenverkehrsbehörden grundsätzlich möglich, Markierungen mit dem Symbolbild Fuß/Radverkehr aufzutragen. Mit der Fahrrad-Novelle von 2021 wurde diese Variante nun „offiziell“ und wird wohl in Zukunft öfter eingesetzt. Die Markierung soll als Alternative zur Beschilderung Gehweg (Zeichen 239) mit mit dem Zusatzschild „Radverkehr frei“ dienen. Damit werden diese markierten Wege verkehrsrechtlich zu gemeinsamen Geh- und Radwegen ohne Benutzungspflicht – im Gegensatz zum Zeichen 240 „Gemeinsamer Geh- und Radweg“. Das Sinnbild Fußverkehr/ Radverkehr verlangt keine Schrittgeschwindigkeit, im Gegensatz zum Zeichen 239 mit Freigabe. Bei der Markierung muss der Radverkehr lediglich „erforderlichenfalls […] die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr anpassen.“ -
Übrigens ist allgemein für Kinder, die auf dem Gehweg fahren dürfen oder müssen, und ihre Rad fahrende Begleitung Schrittgeschwindigkeit nicht vorgeschrieben.
Zum Thema "illegales Rad fahren auf Gehwegen gehen Sie bitte zu Radelnde Hindernisse.