Parken an Kreuzungen und Einmündungen
Dieser Text ist ein Ausschnitt aus unserer Broschüre „Parken auf Gehwegen: Problematik, Rechtslage, Handlungsbedarf“. Sie können die gesamte Broschüre als PDF hier herunterladen. |
Gehwege an Straßen enden an jeder Einmündung oder knicken ab. Die Wege von Fußgängern enden hier jedoch nicht. Der Fußgänger muss die Fahrbahn queren und seinen Weg auf dem nächsten Gehweg fortsetzen.
Auch wenn unsere Broschüre das Parken auf Gehwegen zum Thema hat, ist das ungeschickte oder sogar unzulässige Parken an und auf solchen Querungsstellen in direktem Zusammenhang zu sehen. So protokolliert das Verkehrsministerium Baden-Württemberg, dass im Land täglich 4,8 Unfälle „im ruhenden Verkehr“, also im Zusammenhang mit parkenden Fahrzeugen geschehen und bei jedem zweiten Unfall Personen verletzt wurden.1 Solche Unfälle lassen sich in den meisten Fällen darauf zurückführen, dass Fahrzeugführer und Fußgänger einander schlecht sehen konnten. Dieses Kapitel stellt deshalb kurz die Probleme und rechtlichen Regelungen dar, wenn Fahrzeuge zwar auf der Fahrbahn, aber im Verlauf eines Fußgängerwegs parken.
Hierbei geht es zum einen um die Sichtbeziehungen von Fußgängern auf Fahrzeuge und aus Fahrzeugen auf Fußgänger sowie zum anderen um Erleichterungen für mobilitätseingeschränkte Personen beim Überqueren einer Fahrbahn.2
Parken an Kreuzungen und Einmündungen
Verläuft ein Gehweg entlang einer Straße, so müssen Fußgänger an jeder Einmündung oder Kreuzung eine Fahrbahn queren, um ihren Weg auf der anderen Seite fortzusetzen.
Abbiegende Fahrzeuge stellen eine besondere Gefahr für Fußgänger dar. § 9 Abs. 3 StVO legt deshalb fest, dass „auf zu Fuß Gehende besondere Rücksicht zu nehmen [ist]; wenn nötig, ist zu warten.“ Fußgänger sind also beim Abbiegen immer durchzulassen.
Fahrzeuge über 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht, also alles ab Lieferwagen aufwärts, dürfen beim Rechtsabbiegen nicht schneller als Schrittgeschwindigkeit fahren, wenn mit querendem Fußgängerverkehr zu rechnen ist.
Beim Abbiegen ist auf zu Fuß Gehende besonders Rücksicht zu nehmen.
StVO
Tabelle 1: Bußgelder beim Abbiegen
41 | Beim Abbiegen auf zu Fuß Gehende keine besondere Rücksicht genommen und diese dadurch gefährdet. | 109624 | € 140 + Fahrverbot |
45 | Beim Rechtsabbiegen nicht mit Schrittgeschwindigkeit gefahren | 109660 | € 70 |
… mit Gefährdung | 109661 | € 85 |
Damit ein Autofahrer entsprechend Rücksicht auf einen Fußgänger nehmen kann, muss er ihn vor allen Dingen sehen. Besonders an Einmündungen und Kreuzungen ist es deshalb wichtig, dass die nötigen Sichtachsen frei von parkenden Fahrzeugen sind.
Aus diesem Grund ist nach § 12 Abs. 3 StVO vor und hinter jeder Einmündungen ein Sichtfeld von fünf Metern freizuhalten. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Broschüre wurde von der Verkehrsministerkonferenz vorgeschlagen, dieses freizuhaltende Sichtfeld auf 10 oder 20 Meter zu erweitern.
Tabelle 2: Bußgelder für das Parken im Kreuzungsbereich
54 | Sie parkten weniger als 5 Meter vor/hinter der Kreuzung/Einmündung. | 112262 112272 | € 10 |
54.1 | … mit Behinderung | 112263 112273 | € 15 |
54.2 | … länger als 3 Stunden | 112264 112274 | € 20 |
54.2.1 | … mit Behinderung | 112265 112275 | € 30 |
Die im Bußgeldkatalog genannten Regelsätze sind sehr moderat, berücksichtigt man die von einem im Kreuzungsbereich geparkten Fahrzeug ausgehende Gefahr für Fußgänger, die schließlich sogar das Abschleppen des Fahrzeugs rechtfertigt.3 Die Verbesserungsvorschläge der Länderverkehrsminister betreffen daher auch eine Erhöhung dieser Bußgelder.
Fahrzeuge dürfen ab einer Entfernung von 5 Metern von der Kreuzung oder Einmündung parken. Die Ausrundung der Kurve zählt bereits zu diesen 5 Metern. Dies ist unabhängig von der Größe des Fahrzeugs. Hohe Fahrzeuge müssen nach StVO zwar so geparkt werden, dass sie keine wichtigen Verkehrszeichen verdecken. Einen an die Kreuzung herantretenden Fußgänger jedoch dürfen sie verdecken. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass schon moderne PKW meist deutlich höher sind als ein vorbei laufender Grundschüler.
Der kritische Sichtbereich an einer Einmündung kann von der Straßenverkehrsbehörde gesichert werden, indem Einbauten vorgenommen, Sperrflächen (Verkehrszeichen 298) markiert oder Grenzmarkierungen (Verkehrszeichen 299) ergänzt werden. Grenzmarkierungen erweitern ein vorhandenes Parkverbot, beispielsweise im Kreuzungsbereich.
Gerade bei Sperrflächen/Grenzmarkierungen an Einmündungen, die zur Verbesserung der Sichtbeziehungen angelegt wurden, sollten Aufsichtsbehörden Parkverstöße konsequent ahnden.
Tabelle 3: Bußgeld für das Parken auf einer Sperrfläche
156 | Sie benutzten die Sperrfläche (Zeichen 298) zum Parken. | 141245 | € 25 |
In verkehrsberuhigten Bereichen (Verkehrszeichen 325.1) sind alle Wege Fußgängerwege. Deshalb dürfen Fahrzeuge in solchen Bereichen ausschließlich dort parken, wo Flächen explizit dafür markiert sind.
Tabelle 4: Bußgelder für das Parken in verkehrsberuhigten Bereichen
159 | Sie parkten in einem verkehrsberuhigten Bereich außerhalb der zum Parken gekennzeichneten Flächen. | 142103 | € 10 |
159.1.1 | … mit Behinderung | 142104 | € 15 |
159.2 | … länger als 3 Stunden | 142106 | € 20 |
159.2.1 | … mit Behinderung | 142107 | € 30 |
Parken an Fußgängerüberwegen
Die gleiche Problematik der Sichtbeziehungen gibt es an Zebrastreifen. Fußgängerüberwege dienen dazu, Fußgänger gefahrlos und schnell von einem Gehweg zum gegenüberliegenden Gehweg zu führen.
Wie beim Abbiegen hat der Fußgänger absoluten Vorrang. Fahrzeuge müssen schon bremsen und anhalten, wenn sich ein Fußgänger dem Zebrastreifen nur nähert.
Auch an Fußgängerüberwegen ist es deshalb wichtig, dass Auto- und Radfahrer einen Fußgänger frühzeitig sehen. Entsprechende Sichtachsen müssen deshalb freigehalten werden.
Tabelle 5: Bußgelder an Fußgängerüberwegen
113 | Sie fuhren nicht mit mäßiger Geschwindigkeit an den Fußgängerüberweg heran, obwohl ein Bevorrechtigter diesen erkennbar benutzen wollte. | 126600 | € 80 |
… mit Gefährdung | 126601 | € 100 | |
Sie ermöglichten einem Bevorrechtigten nicht das Überqueren der Fahrbahn, obwohl dieser den Fußgängerüberweg erkennbar benutzen wollte. | 126606 | € 80 | |
… mit Gefährdung | 126607 | € 100 |
Das zugehörige Parkverbot an (und auf) Zebrastreifen ist in der Straßenverkehrsordnung versteckt in Anlage 2, Abschnitt 9 „Markierungen“ untergebracht: „Wer ein Fahrzeug führt, darf auf Fußgängerüberwegen sowie bis zu 5 m davor nicht halten.“4
Tabelle 6: Bußgelder für das Parken an Fußgängerüberwegen
52 | Sie parkten in einem Abstand von weniger als 5 Metern vor einem Fußgängerüberweg. | 141302 | € 25 |
52.1 | … mit Behinderung | 141303 | € 40 |
52.2 | … länger als 1 Stunde | 141304 | € 40 |
52.2.1 | … mit Behinderung | 141305 | € 50 |
Wie schon beim Parken an Einmündungen sind die Bußgelder sehr gering. Auch ist fraglich, ob der verlangte Abstand von fünf Metern für die nötige Sicht auf einen Fußgänger ausreichend ist. Ein fünf Meter vor einem Zebrastreifen geparkter Lieferwagen verdeckt eine wartende Schülergruppe so, dass ein ankommender Autofahrer erst zehn Meter vor dem Überweg sehen kann, dass Personen den Überweg nutzen wollen. Trotzdem parkt das Fahrzeug regelkonform.
Wie sich deshalb lediglich fünf Meter für das Parkverbot ergeben, ist wenig einsichtig. Die Richtlinien für die Anlage von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ) verlangen nämlich eine „Sichtweite von und auf Warteflächen“ von 50 bzw. 30 Metern, je nach zulässiger KFZ-Geschwindigkeit.5
Vor einem Fußgängerüberweg ist eine Sichtweite auf Warteflächen von 30 m / 50 m nachzuweisen.
R-FGÜ
Bei beampelten Fußgängerüberwegen gibt es ein Verdeckungsverbot, jedoch kein Parkverbot. Allerdings sind vor vielen Ampeln durchgezogene Linien (Verkehrzeichen 295) als Fahrstreifenbegrenzung angebracht. Dann gilt, dass nicht geparkt werden darf, falls „kein Fahrstreifen von mindestens 3 m mehr verbleibt“6.
Parken an Absenkungen
Um Personen die Querung von Fahrbahnen zu erleichtern, für die eine normale Bordsteinkante ein großes Hindernis darstellt, werden im Rahmen der Barrierefreiheit Bordsteine abgesenkt. Dazu sind die Behörden aufgrund der Behindertengleichstellungsgesetze (BGG) von Bund und Ländern verpflichtet.
Bordsteinabsenkungen findet man an Einmündungen, Kreuzungen, Zebrastreifen und anderen Querungshilfen. Es gibt sie aber auch dort, wo eigenständige Wege auf eine Straße stoßen, z.B. aus einem Park, Spielplatz oder Friedhof. Sie sollen es Personen mit Rollstuhl oder Kinderwagen ermöglichen, an dieser Stelle auf direktem Weg ihr Ziel zu erreichen, auch von der anderen Straßenseite aus.
Aus diesem Grund verbietet die Straßenverkehrsordnung das Parken vor Bordsteinabsenkungen.7
Das Parken vor Bordsteinabsenkungen ist verboten.
StVO
Tabelle 7: Bußgelder für das Parken an Bordsteinabsenkungen
54 | Sie parkten vor einer Bordsteinabsenkung. | 112372 | € 10 |
54.1 | … mit Behinderung | 112373 | € 15 |
54.2 | … länger als 3 Stunden | 112374 | € 20 |
54.2.1 | … mit Behinderung | 112375 | € 30 |
Wie beim Parken an Einmündungen und Kreuzungen sind die genannten Bußgelder wieder sehr moderat. Wer jedoch eine Bordsteinabsenkung so zuparkt, dass Rollstuhlfahrer sie nicht mehr nutzen können, riskiert auch ohne konkrete Behinderung das Abschleppen seines Fahrzeugs.8
Kritisch ist auch das Zuparken von taktilen Bodenleitsystemen für sehbehinderte Personen (Blindenleitlinien). Hier wird nicht nur behindert, sondern gefährdet.
Wer Blindenleitlinien zuparkt, gefährdet jeden, der auf solchen Hilfen angewiesen ist.
Das Parkverbot gilt unabhängig vom Zweck der Bordsteinabsenkung, also auch vor Grundstückszufahrten. Insbesondere, wenn die Absenkung auch dazu dient, mobilitätseingeschränkten Personen das Queren der Fahrbahn zu ermöglichen, darf selbst der Grundstückseigentümer nicht vor seiner eigenen Ausfahrt auf der Fahrbahn parken.
Uneinigkeit besteht darüber, ob ein über mehr als 10 m Länge durchgehend abgesenkter Bordstein noch als Bordsteinabsenkung im Sinne von § 12 Abs. 3 StVO zu verstehen ist.9
Um das Parken vor Bordsteinabsenkungen effektiv zu verhindern und gleichzeitig die Sicht auf und für querende Fußgänger zu verbessern, eignen sich besonders „Gehwegvorstreckungen“. Hier wird der Bordstein im Bereich der Querung als „Nase“ bis an die Fahrgasse herangebaut. Bei Fahrbahnen, an deren rechtem Rand geparkt werden kann, wird der Gehweg also um eine komplette Fahrzeugbreite in Richtung Fahrgasse herausgezogen.
In Wohnstraßen findet man zur Verkehrsberuhigung häufig auch so genannte Teilaufpflasterungen, bei denen für einige Meter die Fahrbahn auf das Niveau der Gehwege erhöht wird. Auch wenn diese Aufpflasterungen ebenfalls die Fahrbahnquerung für mobilitätseingeschränkte Personen erleichtern, greift hier das Parkverbot aus § 12 Abs. 3 Nr. 5 leider nicht.
Dieser Text ist ein Ausschnitt aus unserer Broschüre „Parken auf Gehwegen: Problematik, Rechtslage, Handlungsbedarf“. Sie können die gesamte Broschüre als PDF hier herunterladen. |
1Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg: „Ruhender Verkehr“, https://vm.baden-wuerttemberg.de/de/service/publikation/did/ruhender-verkehr-hinweispapier-fuer-die-strassenverkehrsbehoerden-bussgeldbehoerden-und-kommunen-in-bad/
2Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG), § 8 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr, Abs. 5
3VG Köln, 21.01.2016 – 20 K 6275/14
4StVO, Anlage 2, Abschnitt 9, lfd. Nr. 66
5FGSV: Richtlinie für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ 2001), Tabelle 1
6StVO, Anlage 2, Abschnitt 9, lfd. Nr. 68
7§ 12 Abs. 3 Nr. 5 StVO
8VG Schwerin, 15.05.1998 – 1 A 1393/96
9z.B. VG Regensburg, 16.05.2017 - RN 5 K 16.790; KG Berlin, 22.06.2015 - 3 Ws (B) 291/15 - 122 Ss 88/15; OLG Köln, 05.11.1996 - Ss 515/96